Wenn heute ein Wolf in der Schweiz auftaucht, ist das keine Neuigkeit. Und wenn das Tier Schafe reisst, spricht man zwar darüber, doch grosse Schlagzeilen gibt es nicht. 1990 war das anders, als ein Wolf im solothurnischen Seewen auftauchte. In nur 14 Tagen riss er 30 Schafe, und zwar in den Kantonen Solothurn und Baselland.
Abschuss ohne Diskussionen
«So geht es nicht weiter!» Das war damals der Tenor bei den zuständigen kantonalen Jagdverwaltungen. Ohne grosse Diskussionen wurde entschieden, dass das Tier geschossen werden muss. Denn auf den Wolf war man in der Schweiz im Jahre 1990 überhaupt nicht vorbereitet.
Dieses Vorgehen dürfte heute eher Stirnrunzeln auslösen. Nicht aber bei Ralph Manz. Er ist Wolfexperte beim Verein Kora, welcher Forschungsprojekte für Wild- und Raubtiere plant und leitet. «Das Tier hatte 30 Schafe gerissen, das ging damals über jegliches Vorstellungsvermögen hinaus. Das Tier musste weg. Heute haben wir Gesetze, und sind 20 Jahre schlauer geworden», so Manz.
(Zu) scharfe Krallen für ein Wildtier
Das Tier wanderte übrigens nicht in die Schweiz ein, sondern war irgendwo ausgebrochen, davon waren die Experten damals überzeugt. «Sonst hätte es bereits vorher Schafrisse gegeben», sagt der damalige Solothurner Jagdverwalter Valentin Jäggi.
Wolfexperte Ralph Manz gibt ihm Valentin Jäggi Recht und verweist auf die Krallen des Tieres. «Wildlebende Wölfe haben stark abgewetzte, stumpfe und kurze Krallen.» Der Wolf von Hägendorf hingegen habe scharfe Krallen, so Manz.