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Detailhandel in der Krise Ist die Stadt Bern ohne Warenhaus Loeb denkbar, Frau Loeb?

Am Montag kann die Loeb-Chefin ihr traditionsreiches Warenhaus wieder öffnen. Doch es sind schwierige Zeiten.

In der fast 140-jährigen Geschichte hat es das noch nie gegeben: Das Warenhaus musste wegen der Corona-Pandemie mehrere Wochen schliessen. Nur gerade Lebensmittel durfte verkauft werden.

Nicole Loeb hat stressige Zeiten hinter sich. Sie führt die Loeb-Gruppe in der fünften Generation und freut sich, kann sie das Haupthaus in Bern und die Filialen in Biel und Thun am Montag wieder öffnen. Doch auch ohne Coronavirus: Der Detailhandel ist gefordert. Dass es das Warenhaus Loeb – direkt beim Berner Bahnhof – für immer gegeben wird, ist für Nicole Loeb keine Gewissheit, wie sie im Interview verrät.

Nicole Loeb

Loeb-Chefin

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Die 53-Jährige ist Mitinhaberin der Loeb-Gruppe und Delegierte des Verwaltungsrates. Sie hat 1999 im Familienunternehmen angefangen. Einst besuchte sie die Kunstgewerbeschule und war für eine Kleiderkette in Deutschland tätig. Sie lebt mit ihrem Mann – dem PR-Berater Lorenz Furrer – in Muri bei Bern. Loeb hat zwei fast erwachsene Kinder.

Das 1881 gegründete Warenhaus Loeb beschäftigt rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erwirtschaftete 2019 knapp 75 Millionen Franken Umsatz.

SRF News: Sie können Ihre Geschäfte wieder öffnen – sind Sie aufgeregt?

Nicole Loeb: Es sind gemischte Gefühle. Ich weiss nicht, was uns erwartet, schliesslich haben wir die Geschäfte für acht Wochen schliessen müssen. Ich bin auch etwas beunruhigt und frage mich, ob die Kunden wirklich kommen werden.

Als der Bundesrat entschied, dass die Geschäfte schliessen müssen: wie war das für Sie?

Es war schwierig. Uns wurde die Luft zum Atmen abgestellt. Mit Kunden, die in unsere Geschäfte kommen und etwas kaufen, verdienen wir unser tägliches Brot. Von einem Tag auf dem anderen war das nicht mehr möglich. Unglaublich!

Uns wurde die Luft zu Atmen abgestellt.

Zudem waren wir für die Situation nicht verantwortlich. Sie wurde von aussen an uns herangetragen. Wir fühlten uns nicht überfordert, aber manchmal hilflos.

Es sind nicht einfache Zeiten, gerade für den Detailhandel. Wie schwierig ist es aus Ihrer Sicht wirklich?

Der Detailhandel ist in einer Krise, und zwar schon lange bevor die Coronapandemie kam. Umsätze wandern ins Internet ab; es gibt Geschäfte, die schliessen müssen. Wir versuchen, ein Einkaufserlebnis zu bieten und so mitzuhalten. Wir haben in letzter Zeit viel Geld investiert, unter anderem in einen Kinderhort oder ein Nähkaffee.

Können Sie sich die Stadt Bern ohne Warenhaus Loeb vorstellen?

Loeb wird nächstes Jahr 140 Jahre alt. Das Warenhaus hat schon verschiedene Krisen erlebt. Aber alles hat ein Anfang und ein Ende.

Alles hat ein Anfang und ein Ende.

Die Frage ist, wann das Ende kommen wird: in hundert Jahren oder in zweihundert Jahren? Das wissen wir nicht.

Das klingt nicht so, als seien Sie sich sehr sicher über die Zukunft von Loeb.

Mein Ziel ist, dass es den Loeb noch lange geben wird und ich das Warenhaus der nächsten Generation übergeben kann. Aber ich kann es nicht versprechen.

Das Gespräch führte Thomas Pressmann.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr ; 

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