Anne Kempel ist Biologin am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos. Im nahegelegenen Dischmatal untersuchte sie, in welcher Höhe Murmeltiere heute hauptsächlich leben, und sie verglich die Ergebnisse mit Daten aus dem Jahr 1982.
Das Ergebnis wurde kürzlich in der Zeitschrift «Ecology and Evolution» publiziert. Demnach lebt die Mehrheit der von Kempel und ihrem Team beobachteten Tierfamilien heute etwa 86 Meter höher als vor gut 40 Jahren, auf etwa 2500 Metern Höhe.
«Aber die absolute Obergrenze hat sich nicht verschoben», erklärt die Wissenschaftlerin gemäss einer Mitteilung des SLF. Diese Obergrenze liegt bei 2700 Metern Höhe. Das war schon 1982 so. Weiter oben fänden die Tiere keinen Boden mehr, in dem sie ihre stark verzweigten Baue graben könnten.
Während ihres Winterschlafs brauchen Murmeltiere eine möglichst dicke Schneeschicht, die den Boden vor Kälte isoliert. Dort, wo heute die meisten Gruppen leben, sind laut der Biologin die besten Voraussetzungen zu finden, die sie zum Leben benötigen.
Dazu gehören Pflanzen, die Linolsäure enthalten. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Ernährung von Murmeltieren. Diese ungesättigte Fettsäure reguliert die Körpertemperatur im Winter. «Diese Pflanzen könnten ihr Verbreitungsgebiet leicht in die Höhe verlagert haben», vermutet Kempel.
Hitzestress ab 25 Grad
Das Forschungsteam verwendete die gleichen Methoden, die bei der Studie von 1982 zur Anwendung gekommen waren. Mit Ferngläsern und einem Fernrohr beobachtete es 25 Gebiete an den Hängen des Dischmatals und zählte die Murmeltiere. Daraus berechnete es die wahrscheinliche Murmeltierpopulation.
Die Ergebnisse gelten allerdings nur für die Region Davos und möglicherweise für vergleichbare Gebiete. In den tieferen Teilen der Alpen könnte die Situation für die Murmeltiere schwieriger werden. Ab 25 Grad leiden sie nämlich unter Hitzestress.
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Im Dischmatal gibt es im Durchschnitt noch immer nur sechs Tage pro Jahr mit mehr als 25 Grad. Der Klimawandel allein könne also nicht der Grund dafür sein, dass sich der Lebensraum der Murmeltiere nach oben verschoben hat. «Andere Faktoren spielen wahrscheinlich eine wichtigere Rolle als die höheren Temperaturen», betont Kempel.
Ein weiterer Faktor ist die Waldgrenze, die langsam, aber sicher ansteigt. «Murmeltiere bevorzugen offene Umgebungen, sie passen sich nicht an den Wald an», erläutert die Biologin. «Da sie nicht höher hinaufklettern können, schrumpft ihr Lebensraum.»