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Tessin Bischof zu Missbrauchsopfern: «Zeigen Sie sich!»

Acht Monate nach der Gründung haben sich bisher fünf Opfer an die Zuhörgruppe für Missbrauch im religiösen Bereich im Tessin gewandt, doch die Fälle sind inzwischen verjährt.

Vor acht Monaten wurde im Tessin die GAVA gegründet, die Zuhörgruppe für Opfer im religiösen Bereich. Bisher haben sich fünf Opfer dort gemeldet, um über den erlebten Missbrauch zu sprechen und Trost von unabhängigen Fachleuten und anderen Missbrauchsopfern zu finden.

Die fünf Fälle sind nicht aktuell, sie betreffen Menschen, die in der Vergangenheit missbraucht wurden und jetzt erwachsen sind. Menschen, die ein offenes Ohr brauchten, um ein Leid zu verarbeiten, das jahrzehntelang unterdrückt und mitgeschleppt wurde.

«Es sind alles Fälle, die bereits bekannt und auch verjährt sind», erklärt die GAVA-Präsidentin Myriam Caranzano gegenüber dem Radio und Fernsehen für die italienische Schweiz RSI, «aber von Menschen, die trotzdem mit uns darüber sprechen und ihre Geschichte erzählen wollten. Ausserdem haben wir Menschen bei uns, die Missbrauch erlitten haben und wissen, worum es geht, und die daher die Erfahrungen der Opfer bis ins Letzte nachvollziehen können.»

Appell des Bischofs

Unter ihnen gibt es auch solche, die darum gebeten haben, mit Alain De Raemy, Apostolischer Administrator der Diözese Lugano, zu sprechen. De Raemy hat zudem auch einen Appell geäussert: «Ich bitte die Menschen, die Leid erfahren haben und Zeugnisse ablegen wollen, sich zu zeigen. Ich weiss, dass es schwierig ist, aber jetzt sind die Bedingungen dank der Zuhörgruppe und der Opferhilfestelle gegeben, über die man auch Anzeige erstatten kann.»

Der Appell gilt auch für diejenigen, die in katholischen Schulen missbraucht wurden, ein Bereich, den die Universität Zürich derzeit vertieft untersucht.

Im Tessin scheinen weniger Fälle ans Licht zu kommen als im Rest der Schweiz. Dies könnte ein Zeichen dafür sein, dass es immer noch ein Tabuthema ist und manchmal das Gefühl der Scham, ja sogar der Schuld, jahrelang bleibt.

RSI Il Quotidiano, 9.7.2025, 19 Uhr; wilh

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