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Diskussion im Sozialbereich Verursachen Behinderten-Organisationen nur Kosten?

«Behindertenorganisationen: Kostenlast oder Wirtschaftskraft?» Diese provokative Frage diskutieren Vertreter von Politik und Wirtschaft am Montagabend an einem Podium in Grenchen. Dazu eingeladen hat Insos Solothurn, der Verband für Behindertenorganisationen.

SRF News: Ist die explizite Diskussion von Kosten und Nutzen von Behindertenorganisationen an einem Podium nicht ein wenig heikel?

Dagmar Domenig: Wir nehmen ein Thema auf, das politisch immer wieder lanciert wird: Der Behindertenbereich koste zu viel, gehe nicht unternehmerisch mit öffentlichen Mitteln um und so weiter. Uns geht es darum aufzuzeigen, dass Behindertenorganisationen nicht nur kosten, sondern auch einen Mehrwert generieren – zum Beispiel, indem sie ein wichtiger Arbeitgeber sind im Kanton Solothurn, Produkte des täglichen Bedarfs einkaufen oder vielen regionalen Firmen Aufträge erteilen. Wichtig ist auch, dass solche Institutionen nicht nur einen monetären Mehrwert, sondern auch einen sozialen Mehrwert beitragen, damit die Gesellschaft mit behinderten Menschen menschenwürdig umgeht.

Pflegerin hält Hand von Kind im Rollstuhl
Legende: Behindertenorganisationen als Kostenfaktor: Diesem provokativem Thema widmet sich ein Podium in Grenchen. Imago

Die Kosten sind immer wieder ein Thema im Behindertenwesen. Im Moment werden aber viele Bereiche auf Sparpotential überprüft. Soll da der Behindertenbereich ausgenommen sein?

Nein, der soll nicht verschont werden. Generell sind die Sozialkosten vermehrt im Fokus. Das unternehmerische Denken hat aber auch bei Behindertenorganisationen Einzug gehalten. Es muss aber auch betont werden, dass soziale Institutionen vor allem Personalausgaben haben. Diese wirken kostentreibend. Wenn man dort spart, wirkt sich das direkt negativ auf die Behindertenbetreuung aus.

Ihr Verband Insos möchte das Thema nicht nur auf die Kosten reduzieren. Auch der Wert der Arbeit für die Gesellschaft soll vermehrt diskutiert werden?

Es geht vor allem um die Teilhabe, die Partizipation für alle – also auch für Menschen mit einer Behinderung. Diese Diskussion soll nicht nur unter Fachleuten geführt werden, sondern vermehrt auch in der Politik und schliesslich in der gesamten Gesellschaft. Dies vor allem auch, weil die Schweiz 2014 die UNO-Behindertenrechtskonvention ratifiziert hat.

Verband Insos Solothurn

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Dagmar Domenig ist Präsidentin der Solothurner Sektion von Insos. Der Verband vertritt laut eigenen Angaben die Interessen von «kantonalen Institutionen, welche Menschen mit Behinderung Arbeit, eine Tagesstruktur sowie ein Zuhause bietet». Im Kanton Solothurn sind dies laut Verbands-Homepage 38 Organisationen.

Diese Konvention ist vermutlich noch nicht in jedem Bereich umgesetzt?

Nein, das wird auch noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. Diese Konvention ist ein umfassendes Gesamtwerk. Auf jeder Seite ist spürbar, dass auch direkt Betroffene daran mitgearbeitet haben. Die Forderungen sind deshalb teilweise auch radikal und nicht einfach umzusetzen. Ich bin überzeugt, dass wir erst am Anfang eines langwierigen Prozesses sind, welcher den Behindertenbereich vermutlich in seinen Grundfesten erschüttern wird.

Erschüttern – das klingt ziemlich negativ?

Das ist immer eine Frage der Perspektive. Erschüttern heisst, dass sehr viel passieren wird, wenn die Behindertenkonvention wirklich umgesetzt werden soll. Es wird etwa gefordert, dass es keine stationären Angebote mehr gibt, keinen zweiten Arbeitsmarkt mehr, und dass politische Mitsprache möglich ist – in der Schweiz ist es nämlich so, dass Personen mit einer kognitiven Beeinträchtigung nicht abstimmen dürfen. Das sind ganz viele Themen, die aufgeworfen werden, welche sehr grundsätzlicher Art sind, und die gesellschaftlich diskutiert werden müssen.

Das Gespräch führte Bruno von Däniken.

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