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Dokumentarfilm «Hexenkinder» Im Namen der Religion gequält

Der Film «Hexenkinder» erzählt die Geschichte von zwangsversorgten Heimkindern, denen Schreckliches angetan wurde.

Der Dokumentarfilm «Hexenkinder» erzählt die Geschichte von zwangsversorgten Heimkindern, die im Namen der Religion von Priestern und Klosterfrauen gequält und sexuell missbraucht wurden. Der Regisseur Edwin Beeler lässt ehemalige Heimkinder zu Wort kommen, die diese Schrecken dank ihrer Widerstandskraft und Fantasie überlebt haben. Im Interview erzählt er, was ihm besonders nahe ging und weshalb er Geschichten aus dem 20. Jahrhundert mit solchen aus dem 16. Jahrhundert vermischt.

SRF News: Sie kommen den ehemaligen Heimkindern in Ihrem Film sehr nahe. Wie ist Ihnen das gelungen?

Edwin Beeler: Die meisten der Mitwirkenden hatten bereits Erfahrungen mit Medien. Das war nichts Neues für sie, dass jemand mit Mikrofon und Kamera kommt.

Nebst den aktuellen Geschichten der Heimkindern aus dem 20. Jahrhundert erzählen sie auch solche von Kindern, die im 17. Jahrhundert als «Hexenkinder» verurteilt und hingerichtet wurden. Weshalb haben Sie sich dafür entschieden, diese Geschichten zu verweben?

Am Anfang des Films standen die Geschichten dieser Kinder, die ums 17. Jahrhundert der Hexerei bezichtigt, gefoltert und hingerichtet wurden – Gewisse wurden auch der Inquisition ausgeliefert oder unter Hausarrest gestellt und einer religiösen Erziehung unterzogen.

Ich wollte es jedoch nicht bei dieser rein historischen Geschichte belassen und habe mir überlegt, welchen Bezug man zu heute herstellen könnte. So stiess ich auf die Geschichten der zwangsversorgten Kinder im 20. Jahrhundert. Auch diese versuchte man mit einer ähnlichen Mentalität zu erziehen. Meiner Hauptprotagonistin Marielies Birchler warf man etwa als kleines Mädchen vor, sie sei des Teufels.

Die Sicht der Kirche – der Täterseite – klammern Sie aus. Weshalb?

Ich wollte den Film aus der Perspektive der ehemaligen Heimkinder erzählen. Ihre Geschichte sollte nicht relativiert werden, etwa durch Vorwürfe, dass es sich viel kindliche Fantasie in die Erinnerungen gemischt hätte. Was mit diesen Heimkindern geschah, war auch zur damaligen Zeit ein Tabu. Niemand hörte ihnen zu.

Sie haben sich eine lange Zeit mit den Schicksalen dieser Heimkinder befasst. Was ging Ihnen dabei besonders nahe?

Mich beeindruckte, dass sich die fünf Protagonisten des Films trotz ihrer harten Kindheit nie unterkriegen liessen. Sie haben ihr Leben gelebt und nicht aufgegeben, obwohl sie immer mit ihrem Schicksal zu kämpfen hatten.

Das Gespräch führte Sämi Studer.

SRF 1, Regionaljournal Zentralschweiz, 12.03.2020, 12:03 Uhr ; 

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