Als die Züge noch von Dampflokomotiven gezogen wurden, standen an vielen Bahnhöfen Musikautomaten. Zum Beispiel in Grenchen Süd. Ein solcher Automat verkürzte dort um 1900 herum den Bahnreisenden das Warten auf den Zug.
Vorbehalten war der Musikautomat den vornehmen Reisenden, er stand im Wartsaal der 1. Klasse. Für 20 Rappen spielte er eine Melodie und liess dazu die Puppen tanzen. Später landete er im Depot des Kultur-Historischen Museums Grenchen.
Reparatur mit Schwanenfedern
Uhrmacherin Rebekka Meier, die in Grenchen ein eigenes Atelier unterhält, hat ihn nun wieder zum Leben erweckt. Zuerst hat sie die Musikdose und den Puppenmechanismus auseinandergenommen und von Staub und altem Öl befreit.
Dann hat sie den zerbrochenen Start-Stop-Mechanismus repariert, den Stimmkamm frisch gestimmt und mit feinen Dämpfern aus neuen Schwanenfedern ausgestattet. Schwanenfedern? «Ja, auf der Aare habe ich vom Gummiboot aus Schwanenfedern gesammelt», lacht die Uhrmacherin.
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Bild 1 von 5. Museums-Leiterin Angela Kummer (links) und Uhrmacherin Rebekka Meier (rechts) freuen sich, dass der Musikautomat von 1895 wieder läuft. Bildquelle: SRF/Marco Jaggi.
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Bild 2 von 5. Auf dieser Walze hat es acht Melodien. Pro Umdrehung wird eine Melodie gespielt, danach verschiebt sich die Walze um 0,31 Millimeter nach links für die nächste Melodie. Bildquelle: zvg / Rebekka Meier.
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Bild 3 von 5. Dieser Musikautomat stand um 1900 am Bahnhof Grenchen Süd. Ähnliche Automaten hatte es an vielen Bahnhöfen in der Schweiz. Die Musikdosen-Industrie stemmte sich mit diesem Produkt gegen ihren Untergang, der ab 1850 von den Platten-Spieldosen eingeläutet wurde. Bildquelle: SRF/Marco Jaggi.
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Bild 4 von 5. Nicht nur um die Mechanik hat sich Uhrmacherin Rebekka Meier gekümmert. Die vier tanzenden Puppen hat sie mit über 100 Jahre alter Seide neu eingekleidet... Bildquelle: SRF/Marco Jaggi.
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Bild 5 von 5. ...und sie hat neue Hüte geschneidert, die der damaligen Mode entsprechen. Bildquelle: zvg/Rebekka Meier.
Auch die vier tanzenden Puppen wollte Rebekka Meier wieder möglichst originalgetreu einkleiden. Bei einer Kleider-Sammlerin fand sie über 100-jährige Seide, aus denen sie neue Kleidchen schneiderte.
Acht (un)bekannte Melodien
Nun steht der Musikautomat beim Eingang des Kultur-Historischen Museums Grenchen. Allen, die zwei Franken einwerfen, spielt der Automat eine seiner acht Melodien vor. Doch was sind das für Melodien?
Das Museums-Team hat es noch nicht herausgefunden und bittet um Mithilfe der Radio-Hörer. Zumindest der Radio-Reporter konnte schon mal helfen. Eine der Melodien erkannte er als Zapfenstreich, der in der Schweizer Militärmusik noch heute gespielt wird.