Die eine ist 34 Jahre alt, Moderatorin, Künstlerin, Social-Media-Star, die regelmässig im Rampenlicht steht, die andere 75-jährig und Benediktinerin, die einen Grossteil ihres Lebens hinter Klostermauern verbracht hat. Gülsha Adilji wurde von Domenica Dethomas für drei Tage ins Kloster St. Johann im Val Müstair eingeladen.
Schwestern müssen nett sein, denn Gott sieht ja alles.
Sie habe sich für den Besuch gerne Zeit genommen, sagt Adilji. Auch wenn es mehrere Anläufe gebraucht habe, bis es geklappt hat. Bei ihrer Anreise am Mittwoch sei sie kein bisschen nervös gewesen: «Schwestern müssen nett sein, denn Gott sieht ja alles.»
Ein Herz und eine Seele
Schwester Domenica hingegen hat sich vor dem Treffen mehr Gedanken gemacht. Sie habe ein, zwei Artikel über Gülsha Adilji in der Zeitung gelesen. «Um Gottes Willen, jetzt kommt eine so berühmte Person zu uns ins Kloster, habe ich gedacht», sagt Domenica Dethomas. «Und nun ist das so eine nette Frau.»
Sie hätten sich auf Anhieb verstanden, sagen die beiden Frauen. «Im Herzen sind wir beide Rebellinnen», sagt Adilji. Im Gespräch habe sich gezeigt, dass Schwester Domenica als Novizin im Kloster Schlager gesungen hat. «Das ist eine Persönlichkeit, die meiner nicht absurd fern ist.»
Getakteter Tagesablauf
Der Moderatorin öffneten sich während ihres Besuchs Türen, die Besuchern sonst verschlossen bleiben. Sie nahm am Morgengebet teil und war auch beim gemeinsamen Essen, Arbeiten und Lesen dabei. Der Besuch war eine Auszeit von Alltagshektik und Social-Media-Glamour - ohne Smartphone und Kontakt zu Fans und Followern.
Nach diesem Kloster kann man die Atomuhr stellen.
Sie sei über sich selbst erstaunt gewesen, wie lange sie es beim Gebet oder beim Lesen geschafft habe, still zu sitzen. Der Tagesablauf der Benediktinerinnen sei auf die Minute genau geplant. «Nach diesem Kloster kann man die Atomuhr stellen», so Adilji.
Die Benediktinerinnen seien mit dem Besuch der Moderatorin sehr zufrieden gewesen, sagt Domenica Dethomas. Man habe sich gegenseitig respektiert. Sie habe die Moderatorin stets als ruhig erlebt; als eine Frau, die nur spricht, wenn es unbedingt sein muss. «Sie wäre eine gute Klosterfrau.»