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«Eine Kultur schafft sich ab» «Grammatikfehler, Interpunktionsfehler, Stilfehler...»

Das Buch «Eine Kultur schafft sich ab» vereint eine Auswahl von Beiträgen zu den Themen Sprache, Schule und Bildung. Die Texte sind im St. Galler Tagblatt und in Titeln der CH Media erschienen.

Mario Andreotti

Dozent

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Professor Dr. Mario Andreotti, geboren 1947, war Lehrbeauftragter für Sprach- und Literaturwissenschaften an der Universität St. Gallen und Mittelschullehrer.

Noch heute doziert er an zwei Pädagogischen Hochschulen «Neuere deutsche Literatur».

Zudem ist Mario Andreotti Buchautor. Er verfasste das Standardwerk «Die Struktur der modernen Literatur».

SRF News: In Ihren Kolumnen findet man immer eine Gemeinsamkeit: Ihre scharfzüngige Kritik am Zeitgeist. Wer schafft denn jetzt hier die Kultur ab?

Mario Andreotti: Es ist der Zeitgeist. Es muss heute alles schnell gehen und pragmatisch sein, das heisst, einen praktischen Nutzen haben. Da bleibt für eine umfassende, humanistische Bildung, aber auch für einen sorgfältigen Umgang mit unserer Sprache, kaum mehr Zeit. Humanistische Fächer wie Literatur, Geschichte, Philosophie werden zunehmend an den Rand gedrängt oder verschwinden ganz aus dem Lehrplan. Weil sie angeblich nutzlos sind und weil unsere Sprache fortlaufend beschädigt wird, ohne dass dies Konsequenzen hat. Grammatikfehler, Interpunktionsfehler, Stilfehler und das selbst in den Zeitungen, das meine ich, wenn ich von der Abschaffung der Kultur spreche.

Wir wollen ein Thema fokussieren: die Kantonsschule. Ihre These ist es, dass sich auch die Kanti abschafft. Wie meinen Sie das?

Das Gymnasium war lange der Königsweg zu den Universitäten. Das Maturazeugnis war gleichbedeutend mit dem Zugang zu den Universitäten. Dies ist heute leider längst nicht mehr so. Fachhochschulen verlangen heute auch von Maturae und Maturi Aufnahmeprüfungen. Auch für das Medizinstudium braucht es eine Aufnahmeprüfung, und selbst an der ETH kann ich mit einer spezifischen Aufnahmeprüfung aufgenommen werden. Dies ist eine Abwertung der Matura.

Ich habe beim Lesen Ihres Buches festgestellt, dass Sie der Meinung sind, dass das Neue nicht immer das Bessere ist. Würden Sie sich als konservativ beschreiben?

Nein! In keiner Weise. Wer nicht dem Mainstream folgt und nicht einfach Meinungen übernimmt, die man angeblich überall hat, der gilt sofort als konservativ oder sogar als rechts-konservativ, als fundamentalistisch oder gar als Sektierer. Mir geht es nicht darum, alles zu verteufeln, was im Rahmen dieser Bildungsinitiativen gemacht wurde. Mir geht es darum, die Schieflagen, die entstanden sind, kritisch zu begleiten.

Das Gespräch führte Peter Schürmann.

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