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Eingeschränkte Besuchszeiten Sterben in Corona-Zeiten – eine Belastung für Angehörige

Stirbt man einsamer während einer Pandemie? Was für Erfahrungen ein Spital macht, was die Pfarrerin sagt.

Stirbt man während einer Pandemie einsamer? Für den Sterbenden macht es wohl keinen so grossen Unterschied, sagt Cristian Camartin, Leiter der Palliativstation des Kantonsspitals Graubünden. Doch für die Angehörigen sei die Situation schwieriger. «Abschied nehmen ist wichtig», sagt Camartin. «Wenn sich jemand nicht verabschieden kann, kann das später zu einem Problem für den Betroffenen werden.»

Wenn sich jemand nicht verabschieden kann, kann das später zu einem Problem werden.
Autor: Cristian Camartin Leiter Palliativstation, Kantonsspital Graubünden

Normalerweise gibt es auf der Palliativstation im Kantonsspital Graubünden keine Besuchszeiten. Angehörige und Freunde können 24 Stunden lang bei ihren Liebsten sein. Wegen Corona ist das nur noch eingeschränkt möglich.

Belastung für Angehörige

Zur Zeit dürfen grundsätzlich nur die engsten Angehörigen, zu zweit oder zu dritt, für ein paar Stunden auf Besuch kommen. Man suche für jeden Fall eine individuelle Lösung. Doch viele Angehörige hätten Mühe mit diesen Einschränkungen, sagt Cristian Camarin, möglicherweise mehr als die Patienten selber.

«Sterbende Patienten schlafen viel», sagt Cristian Camartin. Sie hätten weniger Wachheitsphasen. «Sie brauchen möglicherweise den durchgehenden Kontakt nicht, wenn sie die Angehörigen punktuell sehen.» Es sei ein schwieriges Thema, dass die Palliativstation im Moment stark beschäftige. Für den Moment wolle man aber an der jetzt getroffenen Lösung nichts ändern.

Ein Gefühl von Einsamkeit

Einsamkeit sei aktuell ein Thema, sagt die reformierte Pfarrerin Gisella Belleri aus Chur. «Die Leute müssen alleine mit ihren Emotionen fertig werden. Das gibt ein Gefühl von Einsamkeit.»

Einsamkeit ist bei den Angehörigen ein grosses Thema.
Autor: Gisella Belleri Reformierte Pfarrerin, Chur

Weil die Besuche reglementiert sind, bleibe bei manchen das Gefühl, nicht genug für den Sterbenden getan zu haben, so Belleri. Eine bereits schwierige Situation müsse noch einmal anders angegangen werden.

Neue Wege des Abschiednehmens

Doch man dürfe nicht vergessen, auch diese Pandemie gehe eines Tages zu Ende, sagt die Pfarrerin: «Jetzt gilt es durchzuhalten und neue Wege zu finden», der Mensch sei anpassungsfähig.

Am Besuchsverbot in den Spitälern ändert sich für den Moment nämlich nichts. Die Bündner Regierung hat am Donnerstag in ihrer Verordnung das grundsätzliche Besuchsverbot samt Ausnahmen bekräftigt.

Regionaljournal Graubünden, 23.04.2020, 17:30 Uhr ; 

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