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Einwohnerrat
Legende: Stadtammann Geri Müller (stehend) diskutiert während eines Timeouts mit der SP-Fraktion. Stefan Ulrich/SRF

Einwohnerrat Baden Spektakuläre Kehrtwende in der Budgetdebatte

Linke und Rechte einigen sich überraschend auf einen Kompromiss und kippen die Sparentscheide vom Dienstag.

Man traute seinen Augen kaum: Am Mittwochabend gab es im Badener Einwoherrat plötzlich sachliche Voten, ja sogar immer wieder Lob von den Linken für die Rechten und auch umgekehrt.

Was für ein Kontrast zur ersten Diskussionsrunde zum Budget 2018 am Dienstagabend, als SVP, FDP und CVP die Debatte mit einer wilden Orgie von Sparanträgen eröffnet hatten und die Linken mit gehässigen Wortmeldungen reagiert hatten. Um Mitternacht bei Abbruch der Debatte gab es viel Frust, im Parlament, beim Stadtrat und in der Verwaltung.

Der grosse Frust aus der unglücklichen Diskussion vom Dienstag steckte den Einwohnerräten am Mittwochabend wohl noch in den Knochen. Wiederholt war zu hören, dass es «so» nicht hätte laufen sollen und dürfen. Die grosse Überraschung kam dann vonseiten der FDP.

Die Freisinnigen stellten einen Rückkommensantrag auf die von ihnen selber lancierten Sparbeschlüsse vom Vorabend und stellten auch den Verzicht auf weitere Sparanträge, von denen die Bürgerlichen noch sehr viele in der Pipeline hatten, in Aussicht. Das sorgte für Verwirrung.

Einwohnerrat
Legende: Stadtammann Geri Müller (stehend) diskutiert während eines Timeouts mit der SP-Fraktion. Stefan Ulrich/SRF

In den sauren Apfel beissen

Konfusion zuallerst auf der linken Ratsseite. Es brauchte lange Timeouts, einen Unterbruch der Budgetdebatte und Meetings der Fraktionspräsidenten, um die Lage zu klären. Denn natürlich buchstabierten die Bürgerlichen – die eigentlichen Sieger der Debatte vom Dienstag – nicht ohne Gegenleistung zurück.

Im Gegenzug für die Rücknahme der Sparbeschlüsse verlangten sie von den Linken, dass diese den Steuerfuss von 92 Prozent schlucken, dass die Steuern in Baden im nächsten Jahr also nicht steigen. Noch am Dienstagabend hatte zum Beispiel die SP kategorisch gesagt, nur ein Steuersatz von 100 Prozent käme für sie in Frage. Ansonsten würde sie das Budget ablehnen und es vors Volk bringen.

SP, Grüne und Team Baden bissen dann aber tatsächlich in den sauren Apfel und stimmten dem Steuerfuss von 92 Prozent zu. Und nicht nur das: Sie willigten auch in die bürgerlichen Forderung ein, dass der Stadtrat zusammen mit einer einwohnerrätlichen Kommission für das Budget 2019 Sparvorschläge erarbeitet, die den Aufwand um 1,5 Millionen Franken senken sollen. Die Idee dahinter: Keine Schnellschüsse mehr, sondern durchdachte Sparvorschläge.

In der Schlussabstimmung war die Sache dann so klar, wie man es am Dienstag kaum hätte erwarten können: Der Rat bewilligte das Budget für 2018 mit einem Steuerfuss von 92 Prozent. Damit wird das operative Ergebnis um rund 1,6 Millionen Franken im Minus sein. Stellen in der Verwaltung werden allerdings (vorerst) nicht gestrichen.

Kulturlokal Nordportal verliert nun doch die Unterstützung

Auf die vom Stadtrat vorgelegten Sparmassnahmen kam der Einwohnerrat indes nicht zurück. Die bereits am Dienstag abgelehnten Vorschläge blieben abgelehnt, es gibt also keine Einschränkungen beim Schwimmunterricht oder Klassenlager. Bürgerliche und Linke waren sich einig: Sparen bei den Kindern, das liege nicht drin. Daran ändert auch der Budgetkompromiss vom Mittwoch nichts.

Eine Spar-Massnahme bleibt mit dem neuen Kompromiss nun aber doch erhalten. : Am Dienstag hatte der Einwohnerrat den Betreibern des Konzert- und Kulturlokals Nordportal entgegen dem Antrag des Stadtrats noch Geld zugesprochen (61'000 Franken). Am Mittwoch machte der Rat nun diesen Entscheid im Rahmen des Budgetkompromisses wieder rückgängig.

Das heisst, dass die Betreiber des Nordportals ab Anfang 2018 keine direkten Kultursubventionen mehr erhalten. Und ab Mitte 2018 müssen sie auch Miete bezahlen für die Nutzung der grossen Konzerthalle, die der Stadt gehört. Ob sie den Betrieb unter diesen Umständen weiterführen können oder wollen, ist momentan nicht bekannt.

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