Beim Bahnhof Winterthurer Grüze einmal über die Strasse und schon steht man vor der Schweizerischen Nagelfabrik AG. Der «Nagli», wie sie auch genannt wird. Die Nähe zum Bahnhof ist kein Zufall. Als die Fabrik Ende des 19. Jahrhunderts ihre ersten Nägel produzierte, wurden sie per Zug an die Kunden geliefert.
Heute werden in Winterthur noch immer Nägel produziert. Sechs Angestellte arbeiten in der kleinen Fabrik. Alles andere als eine Selbstverständlichkeit sei das, sagt Geschäftsführer Rainer Thomann. Während in den 1970er-Jahren schweizweit noch ca. 10'000 Tonnen Nägel jährlich produziert worden seien, stehe man heute bei etwa 300 Tonnen Nägeln aus Schweizer Fabrikation. «Früher wurden tausende Nägel von Hand eingeschlagen auf einer Baustelle. Heute kommen die ganzen Wände fixfertig, da braucht es keine Nägel mehr.»
Neben der eigentlichen Produktion präsentiert die Fabrik in einem Schaubetrieb alte Maschinen. Der Verein «inbahn» restauriert alte Nagelmaschinen. Diese Woche ist das fünfte und neuste Stück dazugekommen: eine vertikale Schlagmaschine.
Zweieinhalb Meter hoch, beinahe drei Tonnen schwer und fast ausschliesslich aus Gusseisen. Sie kommt aus ohne Plastik und ohne Elektronik. So mag es der Vereinspräsident Ruedi Stadelmann. Er schätzt, dass die Maschine seit den 1970er-Jahren nicht mehr im Gebrauch war. In seinem Schaubetrieb erlebt sie nun ihren zweiten Frühling. Dafür giesst Stadelmann eigenhändig ein paar Tropfen Öl nach.
Zwei Jahre lang haben drei pensionierte Maschinenbauingenieure die Maschine restauriert. Dass sie heute wieder einwandfrei laufe, gleiche einem Wunder, so Stadelmann.
Und so ist die Winterthurer «Nagli» nicht nur die einzige Nagelfabrik der Schweiz, sondern hält auch die Erinnerung an traditionelle Fabrikation wach. Und der Geschäftsleiter ist überzeugt, dass seine Produktionsstätte trotz sinkender Nachfrage überlebt. Denn im Gegensatz zu den Ausstellungsstücken im Schaubetrieb sei die Fabrik modernisiert worden: «Wir haben den Generationenwechsel geschafft. Unsere rund hundert Kunden beziehen weiter unsere Produkte. Nägel braucht es immer.»