Es ist ein deutliches Resultat: Esther Friedli (SVP) macht im ersten Wahlgang für den frei werdenden Ständeratssitz mit Abstand am meisten Stimmen. Sie erzielt mehr als doppelt so viele Stimmen wie ihre erste Verfolgerin, Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP).
Die beiden linken Kandidatinnen Barbara Gysi (SP) und Franziska Ryser (Grüne) belegen die Ränge drei und vier. Die SP droht, den Sitz im St. Galler Ständerat zu verlieren, nachdem Paul Rechsteiner letzten Herbst seinen Rücktritt bekannt gegeben hatte.
Reaktionen der Kandidatinnen
Keine Kandidatin erreichte das absolute Mehr. Dafür wären 50 Prozent der Stimmen nötig gewesen, Friedli verpasste das absolute Mehr um knapp 8000 Stimmen. Die Stimmbeteiligung lag bei 40 Prozent. Im zweiten Wahlgang am 30. April entscheidet das relative Mehr – jene Kandidatin mit den meisten Stimmen ist gewählt.
Sprachlose Friedli, analytische Vincenz
Esther Friedli möchte sich für die breite Unterstützung bedanken: «Dieses Resultat motiviert mich für den zweiten Wahlgang.» Auch in der Stadt St. Gallen, eigentlich eine SP-Hochburg, holte sie viele Stimmen. «Das macht mich fast ein bisschen sprachlos. Ich glaube an meine sachliche, lösungsorientierte Politik mit bürgerlichem Kompass. Das könnte städtische Wählerinnen und Wähler überzeugt haben.»
Das macht mich fast ein bisschen sprachlos.
Einen Grund für Friedlis Vorsprung sieht ihre Kontrahentin Vincenz-Stauffacher in den Empfehlungen des Bauernverbands, die SVP-Kandidatin zu wählen: «Wir müssen es analysieren. Aber die Empfehlung hat mitgespielt. Da wurde über die Parteigrenzen hinweg gewählt. Auch ich konnte über das Stimmenpotenzial der FDP hinaus Stimmen holen. Das freut mich sehr», sagt Vincenz-Stauffacher.
Ryser tritt im zweiten Wahlgang nicht mehr an
Die Stimmen, welche die Kandidatinnen im ersten Wahlgang erhielten, entscheiden zudem über die Ausgangslage für den zweiten Wahlgang am 30. April. Die Frage: Wer bleibt nach dem heutigen Resultat im Rennen?
Klar war es mein Ziel, Barbara Gysi zu überholen.
Die beiden linken Kandidatinnen Barbara Gysi und Franziska Ryser trafen die Abmachung, dass sich jene mit dem schlechteren Resultat nach dem ersten Wahlgang zurückziehe. Daran wolle sie sich auch halten: Ryser tritt im zweiten Wahlgang nicht mehr an. Sie sagte: «Klar war es mein Ziel, Barbara Gysi zu überholen. Mit nur 400 Stimmen Unterschied wurde es auch knapp. Ich konnte auch über die grüne Basis hinaus Stimmen holen, deshalb gehe ich heute zufrieden nach Hause.»
Über den ziemlich knappen Ausgang gegen ihre linke Kontrahentin Ryser zeigte sich Barbara Gysi erleichtert: «Wir wussten, dass Franziska Ryser Potenzial hat. Wir hatten einen fairen Wahlkampf. Zusammen sind es 35 Prozent der Stimmen. Links-grün hat Potenzial.» Sie rechnet sich für den zweiten Wahlgang noch Chancen aus: «Spannend wird, was die FDP macht. Aber dass die Hauptkonkurrentin Esther Friedli heisst, zeigt das Resultat klar.»
Die Wahl in den Ständerat ist eine Ersatzwahl, weil Rechsteiner (SP) nach 36 Jahren Politik im Bundeshaus seinen Rücktritt bekannt gab. Speziell: Sowohl die Grünen als auch die SVP hatten in St. Gallen noch nie einen Sitz im Stöckli. Das könnte sich nun ändern.