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Hirnscanner und künstliche Intelligenz lesen Gedanken
Aus 10 vor 10 vom 03.05.2023.
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Experiment in den USA Gedanken entschlüsseln dank Hirn-Scans und KI

Forschende in den USA haben anhand von Hirn-Scans und mit KI Gedanken entschlüsselt. Das Experiment weckt auch Sorgen.

Eine Studie aus den USA lässt aufhorchen. Neurowissenschaftlern der Universität Texas ist es gelungen, Gehirn-Scans zu entschlüsseln und daraus sprachliche Aussagen zu rekonstruieren. Das konnten die Forschenden anhand von Experimenten mit drei Testpersonen zeigen.

Wie die Experimente funktioniert haben

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Die Probandinnen und Probanden der Studie wurden einer funktionalen Magnetresonanztomografie (fMRT) unterzogen. Dieses medizinische Verfahren macht es möglich, Aktivitäten im Gehirn bildlich darzustellen. Während der Experimente hörten die Testpersonen beispielsweise eine Geschichte. Die Gehirn-Scans dazu wandelte ein sogenannter Decoder in Text um. Er fasste also sprachlich zusammen, was die Testperson gehört und erfasst hat.

«Wir erhalten nicht die exakten Worte, die jemand gehört hat», erklärte der beteiligte Forscher Alexander Huth gegenüber dem Westschweizer Fernsehsender RTS. Der Decoder gebe die Kernaussagen ausgedrückt in anderen Worten wieder. Es ist also kein 1:1-Protokoll der Gedanken.

Die Forschergruppe von Huth zeigten den Testpersonen in den Experimenten auch Ausschnitte von Stummfilmen. Auch die daraus resultierten Gehirnaktivitäten konnte der Decoder entschlüsseln. «Herausgekommen ist eine Beschreibung, was im Video passiert», so Huth.

Die Erkenntnisse der Experimente klingen nach Science-Fiction: Das Lesen von Gedanken dank Technologie. Davon sei man aber noch weit entfernt, sagt Hirnforscher Lutz Jäncke.

Der Professor an der Universität Zürich hat sich die Forschung aus den USA genauer angeschaut. «Das ist eine komplizierte Methode. Sie erfordert lange Messungen und die Anwendung spezieller Software», sagt er.

Ein Forscher steht neben einem MRT-Scanner. Auf der Liege neben ihm liegt ein Mann. Der hantiert mit Gerät.
Legende: Ein Forscher der Universität Texas bereitet einen Probanden für den MRT-Scanner vor. Nolan Zunk/University of Texas at Austin

Tatsächlich mussten die Testpersonen je insgesamt rund 16 Stunden im MRT-Scanner verbringen und sich Podcasts und Hörbücher anhören, während die Gehirnaktivitäten aufgezeichnet wurden.

Diese Daten dienten dann als Trainingsmaterial für ein Computermodell, das zusammen mit dem Sprachmodell GPT die Grundlage für den Decoder bildete. Dabei funktioniert der Decoder nur für jene Personen, anhand dessen Daten er trainiert wurde.

Kleiner Fortschritt für Forschung

Weil die Methode so kompliziert ist, sei man noch weit davon entfernt, «von Gedankenlesen im klassischen Sinne zu sprechen», sagt Hirnforscher Jäncke. «Unser Gehirn ist ein faszinierendes, extrem kompliziertes Organ mit 80 bis 90 Milliarden Nervenzellen, jede mit mindestens 10'000 Verbindungen zu anderen Nervenzellen.»

Dieses Netzwerk zu ergründen, erfordere einen grossen Aufwand. Das vollständig zu leisten, ist heute noch nicht möglich.

Illustration eines Hirn-Scans.
Legende: Trotz Fortschritten in der Forschung birgt das menschliche Gehirn weiter viele Geheimnisse für die Wissenschaft. Getty Images/TEK Image/Sciente Photo Library

Darum sei die Untersuchung der Universität Texas nur ein «Mosaikstein» in einer langen Serie von Experimenten, so Jäncke.

Das Potenzial der Forschung ist aber gross. So könnte sie eines Tages jenen Menschen zu kommunizieren helfen, die wegen einer Krankheit oder Behinderung nicht mehr sprechen können. «In diesem Bereich ist das extrem sinnvoll», sagt er.

Ethiker warnt vor Risiken

Auch Informationsethiker Oliver Bendel glaubt an das positive Potenzial der Technologie. Aber er warnt auch vor Risiken, sollte Gedankenlesen in Zukunft technisch möglich sein: «Natürlich werden sich die Polizei oder Geheimdienste sehr dafür interessieren», sagt der Professor der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Natürlich werden sich die Polizei oder Geheimdienste sehr dafür interessieren.
Autor: Oliver Bendel Professor Fachhochschule Nordwestschweiz

Bendel sieht die Gefahr, dass die Strafverfolgungsbehörden versuchen würden, Menschen nur schon wegen «böser Gedanken» als Kriminelle zu überführen. «Wenn ich mir etwas ausdenke, dann werde ich es oft nicht tun in der Realität», erklärt er.

Wenn jemand etwa an einen Mord denke, habe das also noch nichts zu bedeuten. «Wir sollten uns wirklich alles ausdenken können. Die Gedanken sind frei», fordert der Ethiker.

Noch ist das Gedankenlesen dank Technologie nicht möglich. Wie die Forschung der Universität Texas gezeigt hat, brauchte es schliesslich auch die Kooperation der Testpersonen, damit die Experimente funktionierten.

10vor10, 03.05.2023, 21:50 Uhr

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