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Fall Ignaz Walker Urner Regierung legt zwei Gutachten zum Justizverfahren vor

Das eine entlastet die Polizei, das andere attestiert den Medien eine ausgewogene und vielfältige Berichterstattung.

Zum Mordprozess gegen den Erstfelder Barbetreiber Ignaz Walker hat die Urner Regierung zwei Gutachten vorgestellt: Das eine entlastet die Polizei wegen einer angeblichen Befangenheit, das andere attestiert den Medien eine insgesamt ausgewogene und vielfältige Berichterstattung.

Der Cabaret-Betreiber wurde 2018 schuldig gesprochen, 2010 einen Auftragskiller auf seine damalige Frau angesetzt zu haben. Diese überlebte den Anschlag. Zudem hatte der Barbetreiber 2010 auf einen Gast geschossen, diesen aber verfehlt.

Der Mordfall, der vom Landgericht und drei Mal vom Obergericht behandelt wurde und auch das Bundesgericht mehrmals beschäftigte, zerrte jahrelang die Urner Strafverfolgung und Justiz ans Licht der Öffentlichkeit. Beide Institutionen sahen sich einer teils starken medialen Kritik ausgesetzt. Mit den beiden Berichten solle ein versöhnlicher Schlusspunkt gesetzt werden, sagte der Urner Landammann Roger Nager am Freitag im Landratssaal.

Der Urner Regierungsrat hat vom Institut für Angewandte Medienwissenschaften der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) die Rolle der Medien untersuchen lassen. Dieses wertete 534 Beiträge aus 19 Medien aus, die zwischen 2010 und 2019 erschienen waren. Zudem führte es mit 15 Personen Interviews.

In die nationale Öffentlichkeit gebracht hatte den Mordprozess 2014 das SRF-Magazin «Rundschau». Dieses habe auch in den anderen Medien gewisse thematische Aspekte setzen können, heisst es im Bericht. Der Einfluss der «Rundschau» sei aber weit geringer gewesen bei der Frage, wie über den Fall berichtet worden sei.

Insgesamt hätten die Medien thematisch vielfältig über den Prozess berichtet, heisst es in der Studie. Einzelne Themen seien weder systematisch unterdrückt noch überzeichnet worden. Eine unterschiedliche Gewichtung einzelner Medien habe zur Vielfalt beigetragen. Die von den Medien thematisierten Argumente der Prozessparteien hielten sich in der gesamten Berichterstattung die Waage.

Vorfall im Nachtclub

Ein wichtiges Thema während des Prozesses und in den Medien war eine mutmassliche Befangenheit des leitenden Spurenermittlers. Dieser war 2007 vom Angeklagten wegen eines Vorfalls in seinem Etablissement angezeigt worden, die Strafverfolgung wurde jedoch eingestellt.

Gutachter Daniel Kettiger, Rechtsanwalt und Verwaltungswissenschaftler aus Thun, kommt zum Schluss, dass der Vorfall in der Bar kein Ausstandsgrund gewesen sei. Der Chef der Kriminalpolizei habe einen vertretbaren Entscheid gefällt, als er das Ersuchen des Spurenermittlers, ihn von diesem Fall abzuziehen, abgewiesen habe.

Allerdings kommt das Gutachten zum Schluss, dass die Ausstandsregelungen in Uri veraltet seien. Der Umgang mit Ausstandsfragen innerhalb der Polizei solle verbessert werden. So habe der Kripochef seinen Entscheid, den Spurenermittler weiterhin einzusetzen, nicht schriftlich festgehalten.

Auch die ZHAW hat eine Empfehlung an die Urner Institutionen. Die Staatsanwaltschaft solle, angesichts der zunehmenden Medialisierung der Justiz, ihren Spielraum für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit nutzen. Und die Medien sollten sich den mutmasslichen Folgen ihres Tuns bewusst sein und die Unschuldsvermutung und den Persönlichkeitsschutz konsequent beachten.

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