«Fertig Robidog!» hiess die Briefesammlung, mit der Günter Struchen 2015 seinen ersten literarischen Erfolg feierte. Es waren verschmitzte und absurde Fragen und Anliegen an Prominente und Behörden. Etwa an die Berner Steuerverwaltung: Ob er immer noch eine Steuererklärung ausfüllen müsste, wenn er eines Morgens mit einem Hirschgeweih aufwachte. Die Antwort kam ebenfalls in Briefform: Ja, auch ein halber Hirsch müsse im Kanton Bern Steuern zahlen.
Ich wollte die Leute zum Nachdenken herausfordern.
«Oft haben die Fragen einen philosophischen Kern», sagt Flavio Carrera aus Steffisburg – er steckt hinter der Kunstfigur Günter Struchen. Im obigen Beispiel etwa die Frage, was die Bedingung dafür ist, ein Steuerzahler zu sein. «Ich wollte die Leute zum Nachdenken bringen. In ihren Antworten bekam ich oft weitere Denkanstösse zurück.»
Vom Nutzen eines Alter Ego
Er selber sei eher ein Feigling, sagt der 31-Jährige. Mit seinem Alter Ego könne er sich austoben. Wobei dieser Günter Struchen gleich mehrere Identitäten hat. Mal tritt er zum Beispiel als buddhistischer Jünger auf, mal als Leiter einer Kinderkrippe. Fragen nach der Identität – «Was bestimmt sie? Inwiefern ist sie fremdbestimmt?» – diskutiert der Philosophielehrer Carrera auch gern mit seinen Schülerinnen und Schülern am Gymnasium Immensee.
Würde er schüchternen Menschen raten, sich ein Alter Ego zuzulegen und mit diesem frecher durch die Welt zu gehen? «Gute Idee. Nur sollte man sich gründlich überlegen, was man erreichen will», findet Flavio Carrera. Zu leicht würden Leute heutzutage ihre negativen Emotionen in die Welt hinausposaunen. «Es ist nicht immer alles wichtig, wovon man meint, die Welt müsse es wissen.»