Der Richter sah es als erwiesen an, dass die beiden Piloten pflichtwidrig und unsorgfältig gehandelt haben. Sie hätten beim Sichtflug an dem Tag den Luftraum «mangelhaft beziehungsweise ungenügend» überwacht, sagte der Richter am Donnerstag in seinem Urteil.
Für beide Piloten sei die Kollision vermeidbar gewesen. Der Motorflugzeugpilot wurde deshalb zu einer bedingten Geldstrafe von 3600 Franken verurteilt – er muss ausserdem eine Busse von 1500 Franken zahlen und rund 5250 Franken an Verfahrenskosten übernehmen. Der Segelflugpilot erhält dagegen eine bedingte Geldstrafe von 900 Franken, wobei er Verfahrenskosten von rund 4180 Franken und die Kosten für seinen amtlichen Verteidiger in Höhe von 9578 Franken übernehmen muss.
Kein technisches Problem
Aussergewöhnliche Umstände könnten nicht als Mitursachen gelten – die Flugzeuge seien in einem technisch einwandfreien Zustand gewesen, es habe zudem gutes Wetter geherrscht und die Sicht habe deshalb bei annähernd 30 Kilometern gelegen, begründeten die Richter ihr Urteil.
Zu der folgenschweren Kollision war es am 6. Juni 2013 zwischen einem Segelflugzeug und einem Motorflugzeug gekommen, die von den beiden Angeklagten gesteuert wurden. Dabei stürzte das Segelflugzeug ab – der Pilot konnte sich mithilfe eines Fallschirms retten. Das Motorflugzeug wurde beschädigt, war aber noch flugfähig und konnte zum Flugplatz in Lommis TG zurückkehren – allerdings hatte es durch ein Leck zuvor viel Benzin verloren. Ursprünglich wollte die zweiköpfige Flug-Equipe Ecuvillens im Kanton Freiburg erreichen.
Sichtkontrolle hätte Kollision vermeiden können
Das Motorflugzeug befand sich in der Verantwortung des heute 72-jährigen Angeklagten, der als «Instruktor» an Bord war – mit ihm flog eine weitere Person. Laut dem Angeklagten handelte es sich um eine «Angewöhnungsflug» für den Kollegen, der am Mittwoch ebenfalls vor Gericht als Zeugen aussagte. Obwohl die Sicht nach vorne am betroffenen Tag sehr gut gewesen sei, habe Dunst den Blick nach unten und zur Seite erschwert.
Der Richter wollte dies nicht gelten lassen. Zwar sei die Sicht für den 72-Jährigen aufgrund von Cockpitverstrebungen eingeschränkt gewesen, allerdings hätte er durch «Kopfdrehen» das Segelflugzeug rechtzeitig sehen können. Der Autopilot habe zudem eine Entlastung dargestellt, da die beiden Passagiere sich so vollständig auf die Luftraumkontrolle haben konzentrieren können.
Der Segelflugzeugpilot ist laut dem Richter sehr erfahren gewesen und hätte die Kollision durch eine sorgfältige Luftraumkontrolle vermeiden können. In seinem Sichtfeld habe es in der Zeit vor dem Zusammenstoss keine Einschränkungen gegeben.
SUST spricht von menschlichem Versagen
Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) hatte den Fall ebenfalls untersucht und war im März letzten Jahres zu der Einschätzung gelangt, dass die Besatzungen den Luftraum zu wenig aktiv überwacht hatten.
Die Angeklagten und ihre Anwälte hatten sich bereits zum Prozessauftakt gegen diese Analyse gewehrt. Beide Anwälte hatten Freisprüche für ihre Mandanten gefordert. Der Strafbefehl basiere nicht auf einem nach strafrechtlichen Regeln abgeklärten Sachverhalt, sondern sei «tel quel» aus dem SUST-Bericht übernommen, so einer der Verteidiger.
Der Richter hatte den 72-jährigen Motorflugzeugpiloten im Rahmen des Prozesses auch zu einem zweiten Flugzeugzusammenstoss aus dem August 2014 befragt, an dem der Angeklagte beteiligt gewesen sein soll. Dieser verweigerte jedoch vor Gericht die Aussage zu diesem Vorfall.
Gemäss eines Berichts der «Schaffhauser Nachrichten» hatte sich die zweite Kollision, in welcher der 72-Jährige als Pilot involviert gewesen sein soll, im Luftraum überhalb von Rickenbach bei Wil TG ereignet. Wie aus einem Vorbericht der SUST hervorgeht, erlitten dabei drei Passagiere und der Pilot schwere Verletzungen.