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Menschenembryo aus dem Labor – wie weit soll das Machbare erlaubt sein?
Aus SRF 4 News vom 20.06.2023. Bild: Imago/Westend 61
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Forschung mit Stammzellen Menschliche Embryos aus dem Labor werfen Fragen auf

Zwei Forschungsgruppen haben aus Stammzellen synthetische menschliche Embryonen erzeugt, die sich so weit wie nie zuvor entwickelten. Beide Gruppen präsentierten ihre Ergebnisse in Preprints. Die Frage nach allfälligen Grenzen für das Machbare sei damit erneut gestellt, sagt Medizinethikerin Ruth Baumann-Hölzle.

Ruth Baumann-Hölzle

Ruth Baumann-Hölzle

Ethikerin

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Ruth Baumann-Hölzle ist Institutsleiterin bei der Stiftung Dialog Ethik. Sie ist Ex­per­tin für Ethik in Or­ga­ni­sa­ti­on und Ge­sell­schaft und hat Theologie studiert.

Der Schwer­punkt ihrer Ar­beit: in­ter­dis­zi­pli­näre, in­ter­pro­fes­si­o­nelle und in­ter­or­ga­ni­sa­ti­o­nale ethi­sche Ent­schei­dungs­fin­dung im Ge­sund­heits- und So­zi­al­we­sen und an ge­sell­schaft­li­chen Schnitt­stel­len.

SRF News: Welche ethischen Fragen werfen künstlich geschaffene Embryonen auf?

Ruth Baumann-Hölzle: Allen voran die Frage, welchen moralischen Status diese Embryonen erhalten sollen. Sollen sie als Menschen-Embryonen oder quasi nur als Forschungsmaterial betrachtet werden? Davon hängt dann auch die ganze Gesetzgebung zum Umgang mit diesen «Wesen» ab.

Die Schwelle sinkt, dass menschliches Leben zunehmend für bestimmte Zwecke erzeugt wird.

Ebenso wichtig ist die Frage, wie weit die Forschung bei Eingriffen ins menschliche Leben gehen will. Offensichtlich wird es zunehmend möglich, menschliches Leben ausserhalb des weiblichen Körpers in einer künstlichen Gebärmutter zu entwickeln und allenfalls Eingriffe ins menschliche Genom vorzunehmen. Die Schwelle sinkt, dass menschliches Leben zunehmend für bestimmte Zwecke erzeugt wird. Stichwort: Designer-Embryos und Designer-Menschen.

Welche Rolle spielt die Stammzellenforschung in dieser Entwicklung?

Die Stammzellenforschung wird immer auch mit der Hoffnung gerechtfertigt, dereinst künstlich Organe züchten zu können, die vom menschlichen Körper nicht abgestossen werden. So wird etwa Nabelschnurblut häufig aufbewahrt, um später vielleicht einmal Organe züchten zu können, wenn etwa ein Kind ein Herz oder eine Niere brauchen würde.

Mehr Möglichkeiten erhofft man sich auch in der Fortpflanzungsmedizin bei der Erzeugung menschlichen Lebens ausserhalb des Mutterleibes. Viel Erwartungen setzt man auch in neue Medikamente, etwa bei Parkinson. Diese erfüllen sich natürlich nicht immer. Und oft wird es so teuer, dass es kaum bezahlbar wäre. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage der Gerechtigkeit. Wer soll die Mittel bekommen?

Es stellt sich die Kernfrage, wie weit der Mensch über Menschen verfügen, ihn verändern und künstliche Lebewesen erzeugen soll.

Das tönt schon fast nach Klonen. Schiesst die Forschung übers Ziel hinaus?

Die Entwicklungen der letzten vier Jahrzehnte zeigt, dass man sich tatsächlich der Produktion des Menschen ausserhalb des Mutterleibes nähert. Bei den aus Stammzellen erzeugten Mäuse-Embryonen sind bereits ausgebildete Organe entstanden. Es stellt sich wirklich die Kernfrage, wie weit der Mensch über Menschen verfügen, ihn verändern und künstliche Lebewesen erzeugen soll. Da ist mit den neuen Genscheren der Molekularbiologie alles Mögliche vorstellbar, wie Kreuzungen und Mischwesen. Das wäre bis zu einem gewissen Grad schon heute möglich.

Wie weit soll oder darf die Forschung gehen?

Letztendlich setzt sich immer der «Technische Imperativ» durch, der das Machbare zum Ziel hat. So hat etwa die internationale Agentur für Biomedizin nach der erfolgreichen Erzeugung synthetischer Mäuse-Embryonen bestimmte Richtlinien unverzüglich gelockert. Durften Embryonen ausserhalb des Mutterleibes bisher nur 14 Tage am Leben erhalten werden, soll nun die Zeitspanne für bestimmte Forschungszwecke verlängert werden können.

Das Gespräch führte Oliver Kerrison.

SRF 4, 20.06.2023, 06:19 Uhr;

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