Rund zwei Jahre hat Thomas Barfuss an seinem Projekt geforscht und geschrieben. Er ist zum Schluss gekommen, dass in wenigen Jahrzehnten an den kommerziellen Durchgangsorten in Graubünden eine neue Welt der perfektionierten Kulisse entstanden ist. Nun erscheint sein Buch «Authentische Kulissen. Graubünden und die Inszenierung der Alpen».
SRF News: Was meinen sie eigentlich genau mit der Inszenierung der Alpen?
Thomas Barfuss: Ja, das ist ein schillernder Begriff. Ich versuche es mit einem konkreten Beispiel. Um das Jahr 1900 waren an Gewerbe- und Weltausstellungen die sogenannten «Village suisse» en vogue. Man stellte ein Schweizer Dorf dar, mit künstlichem Wasserfall und Bauernhäusern und allem drum und dran. Im Katalog der Weltausstellung in Paris stand, das ganze sei mit «echten Kühen und Sennen». Das Wort echt hat mich interessiert. Bei einem Bild, das für ein Publikum hergestellt wird, da würde ich von Inszenierung sprechen.
Was war die Motivation, sich das Ganze im Kanton Graubünden genauer anzuschauen?
Ich habe gemerkt, dass sich diese Inszenierungsarten verändert haben. Ich habe mich für kommerzielle Orte interessiert wie Raststätten, Tankstellen, Parkplätze. Ich fand diese Orte sind von der Kulturforschung noch zu wenig erforscht.
Grob zusammengefasst, was haben sie herausgefunden?
Einerseits habe ich untersucht, wie sich die Inszenierungsformen historisch entwickelt haben. Ich habe drei Inszenierungsperioden unterschieden. Anfang des 20. Jahrhunderts sieht man die Heimatinszenierung, die stark in echt und unecht oder fremd und eigen unterteilt. Später kam eine Periode, in welcher Graubünden stark als Ferienkulisse in den Fokus rückt. Seit den 80er-Jahren gibt es nun eine Periode, bei der stark auf Authentizität Wert gelegt wird. Beim Besuch der Orte ging es mir auch darum, Zeit dort zu verbringen, zu erfahren, wie der Alltag dort funktioniert.
Ein Ort, den sie besucht und untersucht haben ist die Raststätte Heidiland in Maienfeld, warum?
Das ist natürlich ein wichtiger Ort in diesem Zusammenhang. Die Entstehungsgeschichte ist sehr spannend. Am Anfang war vorgesehen eine Raststätte à la Silberkugel zu bauen. Beim Planungsprozess in den 80er-Jahren entsteht aber eine Heimatkulisse. Der damalige Mövenpick-Chef wollte dem Gast ein Erlebnis bieten. Das Erlebnis wird dann ohne Berührungsängste zu Klischees. Es gibt ein Mühlrad, ein Bächlein murmelt und am Anfang gab es sogar noch eine lebensgrosse Puppe eines Bergsteigers, der ab und zu gejodelt hat.