SRF News: Sie haben sich fast Ihr ganzes Berufsleben lang mit dem Wald beschäftigt. Sei es als Forstingenieur oder als Vizedirektor des Bundesamts für Umwelt. Was fasziniert Sie am Wald?
Josef Hess: Der Wald ist sehr vielseitig und wichtig. Er schützt uns vor Gefahren, ist unser Erholungsraum, ist der Lebensraum von mehr als 40 Prozent der Tier- und Pflanzenarten und er bedeckt rund ein Drittel der Fläche der Schweiz. Der Wald ist also ein wichtiges Element.
Ausserdem ist er ein Wirtschaftsfaktor in der Schweiz: Man baut Häuser aus Holz, heizt damit und vieles mehr. Die Waldwirtschaft hat also ein grosses Potenzial. Dieses ist aber bei Weitem nicht ausgeschöpft.
Das ist so. In der Schweiz wachsen jährlich etwa 10 Millionen Kubikmeter Holz. Das entspricht der Menge, die wir hierzulande verbrauchen und verarbeiten. Jedoch stammt schlussendlich nur etwa die Hälfte des verarbeiteten Holzes aus einheimischen Wäldern. Die andere Hälfte wird aus dem Ausland importiert. Wir könnten also noch viel mehr Holz aus eigenen Wäldern holzen.
Warum ist das so? Bloss, weil ausländisches Holz günstiger ist?
Der Holzpreis ist sicherlich ein Faktor, denn im Ausland sind die Produktionskosten tiefer. Der wichtigere Grund ist, dass es in der Schweiz zu wenig Sägereien gibt; und zu wenige Betriebe, die Halbfertigprodukte herstellen (Anm. d. Red.: beispielsweise Läden, Leisten, Platten). Aber genau diese Produkte benötigen die Holzbauer. Also wird das geschlagene Rundholz exportiert, dort verarbeitet und dann wieder importiert. Das erhöht den Preis.
Ist es denn nicht mehr attraktiv, eine Sägerei zu betreiben?
Es gibt eine Reihe von Herausforderungen für einen Sägereibetrieb in der Schweiz. Einerseits wird dafür ziemlich viel Boden benötigt, dieser ist teuer in der Schweiz. Andererseits ist das Lohnniveau hier höher als im Ausland. Diese beiden Faktoren halten Säger davon ab, grosse Investitionen zu tätigen. Mit der Konsequenz, dass in den letzten Jahrzehnten Betriebe aufgegeben wurden. Im Kanton Obwalden beispielsweise gab es vor Jahren noch einige kleine und mittelgrosse Betriebe. Diese sind heute mehrheitlich verschwunden.
Sie waren bei der Eröffnung der Forstmesse in Luzern dabei. Redet man dort über die Probleme, mögliche Lösungen und Waldbewirtschaftung?
Diese Themen werden schon auch besprochen. Doch an der Messe geht in erster Linie darum, dass man seinesgleichen trifft und die jüngsten Innovationen und neuesten Maschinen besichtigt. Das ist auch gut so. Denn auch so kommt die ganze Branche weiter.
Macht aus Ihrer Sicht die Politik genug, damit das Problem, das seit längerem bekannt ist, gelöst werden könnte.
Die Politik macht einiges. Ob sie genug macht, bleibt dahingestellt. Holz ist ein Marktprodukt und ist demzufolge dem Wettbewerb ausgesetzt. Sicherlich mehr gemacht werden könnte einerseits beim Thema Innovation; dass also die öffentliche Hand in die Holzforschung investiert. Andererseits sollte mehr darauf geachtet werden, dass wirklich Schweizer Holz zum Einsatz kommt. Dafür werde ich mich persönlich einsetzen, als Präsident der Schweizerischen Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft.
Das Interview führte Mirjam Breu.