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Frauen im Grossen Rat «Man merkt auch heute noch, dass hier mehr Männer sitzen»

Am Dienstag feierten aktuelle und ehemalige Politikerinnen den Einzug der ersten Grossrätinnen vor 50 Jahren.

Es wirkte ein wenig wie ein Klassentreffen alter Bekannter. 80 ehemalige und aktuelle Grossrätinnen, sowie weitere Frauen, die die Basler Politik in den letzten Jahren geprägt hatten, trafen sich am Dienstag im Basler Rathaus und feierten ein halbes Jahrhundert Frauen in der Basler Legislative. Genau vor 50 Jahren, am 9. Mai 1968, traten vierzehn Frauen ihr Amt als Grossrätinnen an.

Eine davon war Louise Stebler. Die heute 93-Jährige wurde für die Partei der Arbeit in den Grossen Rat gewählt und sagt, der Zusammenhalt unter den Frauen im Grossen Rat sei spürbar gewesen:

Wenn Frauenthemen auf dem Programm standen, trafen wir uns jeweils vor den Sitzungen. Wir wurden uns jedes Mal einig. So etwas wäre bei Männern wohl nicht möglich.
Autor: Louise Stebler ehem. Grossrätin PdA

Lea Steinle, 31 Jahre alt, eine der aktuell jüngsten Grossrätinnen, kennt solche Treffen nicht mehr. Es gäbe keine gezielten Absprachen, doch auch sie spüre eine Verbundenheit unter den Grossrätinnen: «An meiner ersten Sitzung bin ich vor allem von den Frauen empfangen worden. Ich habe schneller alle Frauen gekannt als die Männer im Rat.»

Steinle sagt, wenn es im Rat um Gleichstellungsfragen gehe, merke man auch heute noch, dass die Mehrheit des Parlaments aus Männern bestehe. «Bei Gleichstellungsthemen herrscht im Rat häufig eine andere Stimmung, man hört manchmal, wie ein Raunen durch die Reihen geht. Hier sollte es von den Frauen mehr Unterstützung geben, damit solche Themen nicht ins Lächerliche gezogen werden.»

Bronzeporträt von Gertrud Spiess

Nebst dem Feiern und Zurückschauen auf die letzten 50 Jahre wurde eine Bronzeskulptur mit dem Porträt von Gertrud Spiess, der ersten Präsidentin des Grossen Rats, enthüllt. Sie steht neu beim Eingang des Grossratssaales. Grossrätin Dominique König hat sich stark für die Skulptur engagiert: «Bisher sind keine Frauen, die politisch gehandelt haben, im Rathaus ausgestellt. Es ist dringend nötig, dass mit Gertrud Spiess eine erste Frau ihren Platz findet.»

König könne sich gut vorstellen, dass in Zukunft noch weitere Frauen im Rathaus ihren Platz fänden, zum Beispiel die erste Regierungsrätin Veronica Schaller, die 1992 in die Exekutive gewählt wurde.

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