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Frauenstreik «Es war ein wunderbarer Tag»

Erika Streit, Fahriye Usta, Sina Deiss - drei Frauen, drei Blickwinkel auf den Frauenstreik

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v.l.n.r.

Erika Streit, Künstlerin, war schon 1991 beim ersten Frauenstreik dabei.

Fahriye Usta ist Sozialpädagogin und hat versucht, Ausländerinnen für den Frauenstreik zu sensibilisieren.

Sina Deiss, VPOD-Gewerkschafterin, war bei der Organisation des Frauenstreiks stark involviert.

SRF Regionljournal: Sina Deiss, sind Sie zufrieden mit dem Streiktag:

Es war ein wunderbarer Tag mit vielen Aktionen, darunter auch einigen Blockaden von Trams und dem Strassenverkehr.

Warum ist es gut, wenn Trams blockiert werden?

Es geht nicht um die blockierten Trams, aber es zeigt, dass wenn Frau will, alles stillstehen kann.

Erika Streit, Sie sind in dieser Runde die Älteste und waren 1991 auch dabei – kann man den damaligen Streik mit dem von heute vergleichen ?

Man kann es sogar sehr gut vergleichen. Erschreckenderweise hat sich leider nicht so viel verändert. Im Gegenteil. Es ist sogar noch schlimmer geworden. Aus ökonomischen Gründen müssen die Frauen heute auch noch arbeiten, kümmern sich abe weitgehend allein um die Kinder- und Hausarbeit. Ich hoffe, dass mit dem heutigen Tag dies offengelegt wird und sich die Situation verbessert. Von der Stimmung her ist es aber ähnlich wie vor 28 Jahren: Es gibt viel Euphorie und Optimismus unter den Teilnehmerinnen.

Fahriye Usta, Sie sind genau vor 28 Jahren aus der Türkei in die Schweiz geflüchtet. Wie erleben Sie den heutigen Tag?

Ich erlebe es dieses Jahr viel bewusster. Damals machte ich zwar am Frauenstreik mit, verstand aber kein Wort. Ich glaube, dieses Mal machen mehr Frauen mit als vor 28 Jahren. Ich habe auch viele Türkinnen und andere Migrantinnen getroffen. Unser grosse Anliegen ist, dass wir die Anerkennung unserer Diplome verlangen. Wir haben eine Ausbildung in unserer alten Heimat gemacht, das ist das, was wir hier zu bieten haben. Das Zweite, was wir verlangen, sind genügend Übersetzer, wenn wir mit den Behörden in Kontakt kommen. Wir möchten nicht mehr auf unsere Kinder oder Ehemänner zurückgreifen müssen, die für uns übersetzen.

Warum ist das schlecht, wenn Ihre Familienangehörigen übersetzen müssen?

Weil das zu Rollenkonflikten führen kann. Wenn beispielsweise mein Mann etwas übersetzen muss, was ich möchte, er aber nicht gut findet, übersetzt er vielleicht nicht richtig. Das gilt es zu verhindern.

Frau Deiss, wer ist heute vor allem auf die Strasse gegangen?

Es sind viele Frauen aus den Pflegeberufen dabei, weil sie klassische Frauenarbeit erledigen, aber schlecht bezahlt sind. Im Unispital haben sie einen 2-Meter grossen Geissbock aufgestellt und darauf ihre Forderungen geschrieben und einen Forderungskatalog an die Spitalleitung übergeben.

Frau Deiss, was erhoffen Sie sich als Gewerkschafterin vom heutigen Frauenstreik?

Dass es mehr Teilzeitarbeit gibt und die Pflegeberufe besser bezahlt werden. Das wäre ein erster Schritt. Es braucht aber noch viele andere auf dem Weg zur Gleichberechtigung.

Gespräch: Dieter Kohler

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