Der heutige Mittwochabend ist für ausgewählte bildende Künstlerinnen und Künstler im Kanton Zürich ein besonderer Moment: Sie erhalten von der Kulturfachstelle für ihr Schaffen einen der begehrten Werkbeiträge. Mit 24'000 Franken ist es der höchstdotierte Kulturförderbeitrag des Kantons. Auch Roland Roos gehörte zu den Ausgezeichneten. Doch ob er tatsächlich den Werkbeitrag erhält, ist seit heute offen.
Diebstahl oder Kunstaktion?
Die zuständige Zürcher Regierungsrätin, Jacqueline Fehr (SP), hat den Werkbeitrag für Roos vorerst ausgesetzt, wie sie gegenüber dem «Regionaljournal Zürich Schaffhausen» von Radio SRF bestätigt. Als Kulturministerin des Kantons müsse sie sich die Frage stellen: «Kann ich ein Werk auszeichnen, das ich als Justizministerin als widerrechtlich einstufen müsste?»
Kann ich ein Werk auszeichnen, bei dem ein anderer Kanton bestohlen worden ist?
Der Grund: Roos entfernte eigenmächtig für die Werkschau die Henry Dunant-Gedenktafel auf 4630 Metern Höhe, auf der Dunantspitze in Zermatt. Dies als Protest gegen die Pläne des Bundesrats, Waffenexporte zu lockern, wie er einen Artikel des «Blick» bestätigt. «Ich entschied mich, diese Aktion im Stillschweigen durchzuführen, da mir sehr viel daran lag», sagt Roland Roos auf Anfrage.
Ich würde es wieder machen.
Dass er nun möglicherweise auf den Werkbeitrag verzichten muss, nehme er in Kauf: «Die Aktion ist es mir Wert, ich würde es wieder machen.»
Regierungsrätin Fehr sucht nun das Gespräch mit dem Künstler und den Vertretern der Gemeinde Zermatt. Bis sie zu einem endgültigen Urteil gekommen sei, was mit dem «Werk» von Roos geschehen soll, bleibt die Gedenktafel in der Werkschau im Haus Konstruktiv ausgestellt.
Zermatt will Gedenktafel zurück
Die Gemeinde Zermatt ist nicht gerade erfreut und fordert die Tafel zurück. Gemeindepräsidentin Romy Biner (CVP) zeigt zwar Verständnis für die Botschaft des Künstlers. «Aber ich kann nicht goutieren, dass fremdes Eigentum einfach entwedet wird für etwas Aufmerksamkeit.»