Revierförster Peter Aschilier von Forst Aletsch ist seit rund 30 Jahren in den Wäldern rund um Fiesch tätig. Er kennt sich aus. Auch für ihn ist aber das Ausmass neu, in dem sich der Borkenkäfer mit Name Buchdrucker vermehrt hat: Ganze Baumgruppen sind zerfressen, Nadelbäume sind orange verfärbt, rund ein Drittel der Fichten am Hang ist am Absterben. «Man weiss nicht, ob es den Rest im Herbst auch noch erwischt», so der Revierförster.
Was ist, wenn die Bäume fehlen?
Der Hang oberhalb des Walliser Dorfes Fiesch ist sehr steil. Wenn an diesem Hang die Bäume kaputtgehen, sind Häuser und die Kantonsstrasse nicht mehr vor Lawinen und Geröll geschützt. Inzwischen gibt es fast nur noch alte Fichten, die aber grossflächig vom Borkenkäfer befallen sind.
Das Problem ist seit 30 Jahren bekannt.
Neue Bäume sind nicht in Sicht: Am steilen, trockenen Südhang dauert es rund 50 Jahre, bis ein Baum mannshoch ist. Hirsche und Rehe fressen nahezu alle neuen Triebe. «Man muss sich entscheiden: Will man Wald oder will man Wild?», so Peter Aschilier. «Die jungen Bäume fehlen in unseren Wäldern, darauf weist man schon seit 30 Jahren hin. Jetzt ist es dringend.»
Im Kanton Wallis ist der Wald besonders wichtig, weil er fast immer eine Schutzfunktion hat, das akzentuiert das Borkenkäfer-Problem zusätzlich. Auch andere Regionen haben dieselbe Herausforderung. Laut der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) gibt es dieses Jahr fast so viele Borkenkäfer wie im Rekordjahr 2003. Damals begünstigten der Sturm Lothar und der Hitzesommer die rasante Ausbreitung der Käfer.
Der Klimawandel ist mitschuldig
In den letzten fünf Jahren war der Sommer jeweils sehr trocken. Das beobachtete auch Martin Bader, Insektenforscher der WSL. «Die Bäume werden mit den zunehmend trockenen Sommern auch zunehmend gestresst und deshalb anfälliger für Befall durch Insekten.»
Für den Borkenkäfer sind das perfekte Bedingungen.
Dieses Jahr gab es viel Sturmholz, das am Boden lag, dazu kam ein heisser und trockener April. «Für den Borkenkäfer sind das perfekte Bedingungen.»
Die Schädlinge sind überall. Bekämpfen ist sehr schwierig. Einige Forstreviere räumen befallenes Holz weg. In der Aletschregion im Kanton Wallis hat man sich gegen diese Massnahme entschieden: «Wir lassen die Bäume stehen, weil wir so immer noch einen grösseren Lawinenschutz haben, als wenn wir sie fällen würden», sagt Revierförster Peter Aschilier.
Das sei die richtige Überlegung, sagt der Insektenforscher der WSL: «Die Bäume sind ja nicht von heute auf morgen weg.» Er schätze die Dauer auf maximal 10 Jahre, in denen befallene Bäume noch vor Lawinen oder Geröll Schutz bieten können.
Es ist schon viel später als fünf vor zwölf.
Danach brauche es viele neue Lawinenverbauungen. Sonst könne man den Schutz von Strassen und Dörfern unterhalb des Waldes nicht mehr gewährleisten. Zu lange warten dürfe man nicht. Wenn die Bäume erst mal weg sind, dann kommen die Steine den Hang hinunter. «Ich sehe dringenden Handlungsbedarf, fünf vor zwölf ist längst vorbei», sagt Martin Bader von der WSL.