Nirgends sieht man besser auf Ostermundigen und Bern: Auf dem ehemaligen Swisscom-Hochhaus an der Gemeindegrenze Bern-Ostermundigen kommt es zum Gipfeltreffen. Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried und Thomas Iten, Gemeindepräsident von Ostermundigen führen auf dem Dach des 20-stöckigen Turms ein «Verlobungsgespräch».
Das Parlament von Ostermundigen hatte kürzlich entschieden, Fusionsverhandlungen mit Bern aufzunehmen.
SRF News: Thomas Iten, warum will sich Ostermundigen der Stadt Bern anschliessen.
Thomas Iten: Wir verhehlen nicht: Ostermundigen ist nicht auf Rosen gebettet. Die Gemeinde ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Das hat die Gemeinde finanziell belastet. Ostermundigen ist ja erst seit den 1980er-Jahren eigenständig, hat also eine Tradition in der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden. Und vor hundert Jahren wollte Ostermundigen schon mal mit Bern zusammen gehen. Bern hat damals abgelehnt.
Alec von Graffenried, eine Gemeinde, die aus lauter finanzieller Not mit Bern zusammen gehen will. Ist das die Braut, die Bern sucht?
Alec von Graffenried: Man muss das langfristig anschauen. Es war ein strategischer Fehler, das Bern zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht grösser gedacht hat.
Die Stadt Bern bekommt eine zweite Chance mit diesem Antrag von Ostermundigen.
Damals hätte Bern mit allen Nachbargemeinden fusionieren können, hat aber nur Bümpliz eingemeindet. Das war ein historisches Versäumnis. Die Stadt hätte sich anders entwickeln können. Jetzt bekommen wir eine zweite Chance. Diese sollten wir nutzen.
Was spricht denn für eine Fusion der beiden Gemeinden?
Thomas Iten: Gerade punkto Siedlungsentwicklung und innere Verdichtung kann Ostermundigen einiges bieten. Unmittelbar neben dem Bahnhof soll ja ein 100 Meter hohes Hochhaus gebaut werden.
Alec von Graffenried: Die grossen Sandsteinbrocken, mit denen in Bern Grosses gebaut wurde – das Rathaus, das Münster – stammen aus den Steinbrüchen von Ostermundigen. Zudem: Bern und Ostermundigen sind praktisch zusammengewachsen. Themen, die die Politik beschäftigen, hören heute nicht mehr an der Gemeindegrenze auf.
Ostermundigen hat keinen richtigen Dorfkern, aber trotzdem eine Identität.
Ostermundigen hat nicht wirklich ein Dorfzentrum. Hat man punkto Identität auch nichts zu verlieren?
Thomas Iten: Von aussen gesehen mag das so wirken. Aber die Vereine zum Beispiel, die sind in Ostermundigen sehr stark. Es gibt also durchaus eine Ostermundiger Identität.
Bern ist seit Langem eine rot-grüne Stadt. Ostermundigen ist eher bürgerlich geprägt. Das könnte den Einfluss von Rot-Grün in Bern schmälern.
Alec von Graffenried: Das glaube ich nicht. Die politischen Trennlinien verlaufen heute nicht mehr den Parteilinien entlang. Und der Stadt-Land-Graben geht sicher nicht zwischen Bern und Ostermundigen durch. Ausserdem: Ostermundigen kann seine Identität auch als Stadtquartier von Bern bewahren.
Wären steuerkräftige Gemeinden wie Bremgarten oder Muri nicht die besseren Partner für Bern?
Alec von Graffenried: Die Initiative muss von den Gemeinden ausgehen. Bern wird da nicht vorpreschen.
Die Bernstrasse in Ostermundigen und die Ostermundigenstrasse in Bern, würden sie umbenannt?
Alec von Graffenried. Das bleibt so. Das werden wir sicher nicht ändern.
Thomas Iten: Das sind die kleinen Dinge, die für die Leute relevant sind. Wenn die Gemeindegrenze aufgehoben wird, muss man nicht Strassen umbenennen.
Das Gespräch führte Brigitte Mader.