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Geschichte der Agglo-Gemeinden Die Strippenzieher im Baselbiet

Ein neues Buch des Historikers Georg Kreis rückt die Veränderungen der Basler Vorortsgemeinden in den Mittelpunkt.

Sie sind bevölkerungsreich, bieten viele Arbeitsplätze und gehören heute zum Speckgürtel von Basel: Agglo-Gemeinden wie Binningen, Münchenstein und Allschwil. Und noch etwas eint die Vorortsgemeinden. Sie waren und sind ein wichtiger Motor für Reformen im Landkanton.

Die Geschichte und Rolle dieser Orte beleuchtet das Sachbuch «Am Rande der Stadt». Autor ist der Basler Historiker und emeritierte Geschichtsprofessor Georg Kreis. «Reformen wie der Finanzausgleich zwischen den Gemeinden oder die progressive Gemeindebesteuerung sind im letzten Jahrhundert allesamt vom Unterbaselbiet angeregt und durchgesetzt worden», sagt Kreis.

Zusammenschluss mit Basel

Ausschlaggebend für diese Veränderungen war der Leidensdruck, der in der Basler Agglo vor über hundert Jahren herrschte. Denn die Gemeinden waren allesamt bitterarm. Viele Menschen aus der ganzen Schweiz, aus dem Oberbaselbiet und sogar aus der Stadt Basel - darunter vor allem kinderreiche, arme Familien - zogen damals ins Unterbaselbiet. Und diese starke Bevölkerungszunahme brachte die Gemeindehaushalte aus dem Gleichgewicht.

Angezogen wurden die Menschen durch die günstigen Mieten und die Nähe zur Stadt, wo es dank der Industrialisierung viele Arbeitsplätze gab. Von diesem Boom profitierten die Vorortsgemeinden jedoch nicht. Sie blieben lediglich auf den hohen Sozialkosten sitzen.

Eingemeindung wegen Kantonsgrenze verhindert

«Die Vorortsgemeinden waren überzeugt, dass es ihnen besser ginge, wenn sie zu Basel-Stadt gehören würden», sagt Georg Kreis. Deshalb wollten sie sich in Basel eingemeinden lassen. Tatsächlich hätten die Gemeinden als Teil von Basel mit Unterstützung bei den Sozialkosten und Subventionen rechnen können. Allein die Kantonsgrenze verhinderte die Eingemeindung, die in anderen Städten der Schweiz damals möglich war.

Deshalb waren es vor allem Stimmen aus den Vorortsgemeinden, die sich im letzten Jahrhundert für die Vereinigung mit Basel-Stadt stark machten. Liestal, das keine abtrünnigen Gemeinden wollte, musste reagieren, und so wurden Reformen plötzlich möglich, gegen die sich das Baselbiet lange gesträubt hatte.

Das Buch «Am Rande der Stadt» wirft nicht nur einen Blick zurück auf ein bewegtes Jahrhundert in der Region Basel. Es erklärt auch, weshalb das Unterbaselbiet bis heute ein wenig anders tickt als der Rest des Baselbiets - und weshalb diese Gemeinden weiterhin wichtige Akteure in der Nordwestschweiz sind.

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