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Gewerbe leidet wegen Corona Politik will mit Gutscheinen die Wirtschaft ankurbeln

Zentralschweizer Gemeinden planen Gutscheine für ihre Bewohner. Wunder sollte man keine erwarten, sagt der Experte.

Die Corona-Krise führt zu wirtschaftlichen Einbussen, bei Firmen genauso wie bei Privatpersonen. Die Politik versucht, die Folgen davon abzufedern – und schlägt dabei auffällig häufig ein ungewohntes Mittel vor: Gutscheine.

So auch in der Zentralschweiz. Die Stadt Luzern kündigte am Dienstag bei der Präsentation ihres Jahresabschlusses an, sie wolle prüfen, ob ein Teil des Überschusses der Bevölkerung zurückgegeben werden solle – in Form eines 100-Franken-Gutscheins. Die Zuger Stadtregierung wiederum beantragt beim Parlament rund 3 Millionen Franken, um allen Bewohnerinnen und Bewohnern einen 100-Franken-Einkaufsgutschein der «Pro Zug» zu überreichen, der Vereinigung der Zuger Geschäfte.

Mit 500 Franken den Umsatz des Gewerbes steigern

Gar von 500 Franken ist die Rede in Hergiswil am See im Kanton Nidwalden: Der Gemeinderat will dafür Ende Juni bei der Gemeindeversammlung einen Kredit von rund 2,5 Millionen Franken beantragen. Das Konzept sieht vor, allen Einwohnerinnen und Einwohnern über 18 Jahren einen Gutschein zuzustellen, um die «einzelnen Personen und Haushalte finanziell zu entlasten und den Umsatz des örtlichen Gewerbes umgehend zu steigern», wie es in einer Mitteilung von Anfang Woche heisst.

Eine sympathische Idee – aber kompliziert

Fragt sich nur: Wie wirkungsvoll sind Gutscheine? Christoph Hauser, Leiter des Kompetenzzentrums Management & Law an der Wirtschaftsabteilung der Hochschule Luzern, findet die Idee zumindest «sympathisch». «Wir sind im Moment konjunkturell in einer ausserordentlichen Lage, gerade lokale Geschäfte und Gewerbebetriebe stecken zum Teil in massiven Problemen», sagt der Volkswirtschafter.

Kasse in einer Buchhandlung
Legende: Wieder mal in den Buchladen statt online bestellen - Gutscheine sollen das lokale Gewerbe fördern. Keystone

Dennoch sei die Idee komplizierter umzusetzen als es auf den ersten Blick scheine – abgesehen davon, dass sich nur wohlhabende Gemeinden solche Gutscheine leisten könnten.

«Es ergeben sich eine Menge Abgrenzungsfragen», sagt Hauser. «Wo soll ein Gutschein überall eingelöst werden können? Nur in Restaurants und in Läden? Oder auch bei Gewerbebetrieben? Und wie behandelt man Grossverteiler, die in einer Gemeinde zwar eine wichtige Funktion haben, aber keine lokalen Kleinbetriebe sind?»

«Effekt könnte geringer sein als erhofft»

Gutscheine müssten zudem fälschungssicher sein und schnell unter die Leute kommen, nicht erst, wenn sich die wirtschaftliche Lage wieder verbessere. Zudem sei damit zu rechnen, dass es einen Tauschhandel mit Gutscheinen gebe – und dass Leute sie verwendeten, die ohnehin einen Einkauf bei einem Gewerbebetrieb geplant hätten. «Möglicherweise ist so der Effekt für das Gewerbe daher geringer, als man sich erhofft», sagt Christoph Hauser.

Wirkungsvoller wäre es, die ins Schlingern geratenen Betriebe direkt zu unterstützen – vor allem die Einzelunternehmen, die nicht von Kurzarbeit profitieren könnten, oder Geschäfte, die mit Mietkosten zu kämpfen hätten. «Das wäre einfacher umzusetzen», sagt Christoph Hauser. «Es wäre halt aber auch weniger spektakulär.»

Ein bisschen Spektakel schadet nicht

Wobei allerdings der Image-Effekt einer Gutschein-Aktion nicht zu unterschätzen sei: «Eine solche Aktion kann mithelfen, dass den Leuten bewusst wird, wie schwierig die Situation fürs lokale Gewerbe ist», so Hauser.

Fazit von Volkswirtschafter Christoph Hauser: Gutscheine an die Bevölkerung können einen positiven wirtschaftlichen Effekt für das lokale Gewerbe haben, Wunder sollte man von ihnen aber keine erwarten. Und: «In der aktuellen aussergewöhnlichen konjunkturellen Lage sind Gutscheine zu rechtfertigen – aber sie sollten eine Ausnahme bleiben.»

Regionaljournal Zentralschweiz, 29. April 2020, 17:30 Uhr ; 

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