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Goodbye nach 18 Jahren Zur Ära Bostock: «Ich dachte zuerst: Uiuiui, wie wird das?»

Zum Abschied gibt es Fish & Chips und ein Konzert im Busdepot: Unkonventionell nimmt Dirigent Douglas Bostock am Freitagabend in Wettingen Abschied vom Aargauer Symphonieorchester. 18 Jahre lang hat der Engländer das Argovia Philharmonic geleitet.

Was hat Bostock in diesen Jahren im Aargau erreicht? SRF sprach mit Christian Berzins, Musik-Kritiker der NZZ am Sonntag. Berzins hat für die Aargauer Zeitung das Schaffen Bostocks jahrelang begleitet.

SRF: Christian Berzins, Sie haben die Karriere Bostocks im Aargau von Anfang an verfolgt. Können Sie sich noch an die erste Begegnung erinnern?

Christian Berzins: Sogar sehr gut. Es war die Medienkonferenz, an der der neue Dirigent präsentiert wurde. Ich hatte nicht ganz unparteiisch einen Favoriten, und dann sass dort dieser Brite, dieser Douglas Bostock, und erzählte von grossen Ideen. Ich dachte: Uiuiui, wie wird das?

Und wie wurde es?

Nun, Douglas Bostock hat sehr gut mit dem Orchester gearbeitet. Er hatte auch den Mut, das Orchester zu putzen. Er kam weg von dem «Lehrer-Orchester», wo man ein bisschen zusammenkam und auf durchaus nicht schlechtem Niveau musizierte, und professionalisierte es. Da gab es natürlich auch gewisse Opfer. Aber auf diesen Streit liess er sich ein, da war er nicht zimperlich.

Dirigent mit Orchester
Legende: Douglas Bostock mit dem Symphonieorchester Argovia Philharmonic. ZVG / Argovia Philharmonic

Auf welche Widerstände stiess Bostock?

Man musste ganz einfach gewisse Personen aus dem Orchester werfen. Und die machten dann natürlich mächtig Radau und versuchten, Douglas Bostock wieder abzusägen. Da gab es Intrigen. Diese Leute wollten mich als jungen Aargauer Musikkritiker ins Boot holen und sich gegen diesen Bostock verschwören. Aber ich war überhaupt nicht auf ihrer Seite. Ich wollte ein gutes Orchester und freute mich, dass dort jetzt einer war, der mit dem Orchester arbeiten wollte, und der das Orchester putzen wollte.

Was hat Bostock denn erreicht als Dirigent in den 18 Jahren? Verglichen mit dem Lehrer-Orchester von damals, wo steht Argovia Philharmonic heute?

Das Orchester ist auch dank der neuen Geschäftsleitung viel professioneller. Es hat ein gutes Niveau, selbst wenn es mal nicht so gut spielt. Und wenn es einen wirklich grossen Abend hat, kann es mit sehr guten Schweizer Orchestern mithalten, und zwar in jedem Repertoire, sowohl bei Klassikern wie auch bei Raritäten.

Dirigent
Legende: ZVG / Argovia Philharmonic

Man hat heute den Eindruck, dass Douglas Bostock das Orchester trotz anfänglicher Widerstände mit seinen Ideen begeistern konnte, dass alle bedauern, dass er jetzt geht. Ist das so?

Ja. Aber es ist auch gut, dass jetzt nach so vielen Jahren ein Neuer kommt, der mit dem jetzt technisch viel besseren Orchester arbeiten kann und das Publikum vielleicht noch mehr mitreissen kann.

Also ist nach 18 Jahren an der Spitze eines Orchesters die Zeit eines Dirigenten abgelaufen?

Ja. Auch vom Publikum her. Wenn man in den Konzertsaal geht, soll das auch spannend und kribbelnd sein. Ein Wechsel nach so langer Zeit ist deshalb auch mal gut.

Zusammenfassend: Was bleibt von der Ära Bostock?

Er brachte dieses Orchester hoch, professionalisierte es, und hat dem Aargau viel Freude gemacht, und wenn das Orchester jeweils in die Tonhalle kam, durfte man durchaus stolz sein als Aargauer.

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