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Graubünden Krieg am Umbrail - auf Spurensuche

Ab 1915 war der Kanton Graubünden Teil der Kriegsfront. Am Umbrail-Pass und oberhalb des Stilfserjochs waren Schweizer Truppen stationiert. An der Grenze lagen sich feindliche italienische und österreichisch-ungarische Soldaten gegenüber. Bis heute finden sich Spuren aus dem Ersten Weltkrieg.

«Die Geschichte des Kriegs in den Alpen berührt mich. Wenn es Katzen hagelt, dann geht sie mir besonders nahe», erklärt David Accola. Der gebürtige Bündner ist Oberst im Generalstab und kennt die Gegend zwischen Umbrail und Stilfserjoch wie seinen Hosensack. Hier lagen sich in wenigen Kilometern Luftlinie österreich-ungarische Soldaten und italienische Alpini in Schützengräben gegenüber. Unter den eidgenössischen Grenztruppen habe es ein geflügeltes Wort gegeben, so Accola.

Wer als Schweizer da oben stationiert war, war im Krieg. Im Gegensatz zu anderen Grenzabschnitten konnte man sich praktisch in die Augen sehen.
Autor: David Accola Oberst im Generalstab

Von blutigen Schlachten blieb die Region verschont, da sich die Kriegsgegner nur wenige Meter von der Schweiz entfernt eingruben. Verirrte Granaten hätten leicht auf Bündner Boden einschlagen und so die Neutralität verletzen können.

Dennoch verloren mehrere hundert Männer ihr Leben. Die häufigsten Todesursachen waren Lawinen, Kälte, Blitzschlag und Krankheiten.

Tauschhandel am Stacheldraht

Immer wieder zieht es David Accola an die Schauplätze des Ersten Weltkriegs. Er präsidiert den Verein „Stelvio-Umbrail 14/18“ und hat den militärhistorischen Wanderweg mitinitiiert. Vielerorts sind noch verfallene Unterkünfte, Laufgräben und Stacheldrahtreste sichtbar. Spektakulär ist das so genannte „Lempruch-Lager“. Hinter dem Stilfserjoch hatte die österreichisch-ungarische Armee ein Barackendorf samt Kinosaal, Badestube und Lazarett errichtet. „Die schweizerische Schildwache konnte riechen, was drüben auf dem Menüplan stand“. Ein gemauerter Kochherd und Haufen rostiger Konservendosen zeugen vom damaligen Lageralltag.

Das Verhältnis zwischen Schweizern und Österreichern beschreibt Accola als freundlich und herzlich. „Kulturell gab es keine Barrieren. Damals tauschte man rege Waren, etwa Schokolade gegen Meerschaumpfeifen“.

Ähnliches trug sich zwischen Schweizern und Italienern zu. Beide Seiten hätten sich als „fratelli“, als „Brüder“ betrachtet. Untereinander hätten sie Lebensmittel gehandelt oder gemeinsam Artillerieduelle in der Ferne beobachtet. Regelmässig desertierten auch Italiener ins nahe gelegene Engadin, das sie von der Arbeit vor dem Krieg kannten.

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