Die Kantonsregierungen haben zwischen 1999 und 2014 ihre finanzielle Situation systematisch zu pessimistisch eingeschätzt. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, aus der die «SonntagsZeitung» zitiert. Untersucht wurde die Finanzpolitik aller 26 Kantone.
In der Ostschweiz fallen drei Kantone besonders auf: Appenzell Innerrhoden und Graubünden haben sich laut Studie in den letzten 15 Jahren regelmässig verschätzt. Innerrhoden budgetierte im Schnitt 7% zuwenig Einnahmen, Graubünden 6,6%. Beide Kantone betrieben damit Sparpolitik, werfen ihnen die Studienautoren vor. Die Überlegung dahinter: Wer tiefe Einnahmen budgetiert, spart automatisch bei den Ausgaben.
Dies sei nicht korrekt, sagt Thomas Rechsteiner, Säckelmeister und damit Innerrhoder Finanzdirektor. Die Abweichung zwischen Budget und Rechnung erklärt er mit den Einnahmen aus Schenkungs- und Erbschaftssteuer.
Man kann in Gottes Namen nicht budgetieren, wann jemand stirbt.
Der Säckelmeister sagt aber auch, sparen gehöre in Appenzell Innerrhoden zur Tagesordnung. Er freue sich, wenn er einen positiven Jahresabschluss präsentieren könne. Aus anderen Gründen habe man sich auch entschieden, ein neues Rechnungslegungssystem einzuführen. Als Nebeneffekt dürften damit auch die Steuerprognosen realistischer werden.
Gute Noten für den Nachbarn Appenzell Ausserrhoden
Während Erbschaftssteuern eine Knacknuss für Innerrhoden sind, glänzt Ausserrhoden bei der Studie des Gewerkschaftsbundes mit einer Fehlerquote von 2%. Für Finanzdirektor Köbi Frei keine Überraschung: Besonders die Haupteinnahmequelle, die Steuereinnahmen, versuche man mit Modellen möglichst genau zu berechnen.
Wir machen realistische Wachstumsszenarien.
Bei den Gemeinden beobachte er jedoch die Tendenz, zu vorsichtig zu budgetieren. «Typisch schweizerisch» sei dies, eine Vorsichtsmentalität, damit man schwarze Zahlen präsentieren könne.
Schlechte Noten für Graubünden
Auch der Kanton Graubünden budgetiert vorsichtig und hatte laut Studie des Gewerkschaftsbunds in den letzten 15 Jahren eine Fehlerquote von 6,6%. Diese Zahl kann die Bündner Finanzdirektorin Barbara Janom nicht bestätigen. Man habe tiefere Zahlen. Bei der Studie sei auch unklar, worauf sich diese Fehlerquote genau beziehe.
Das man vorsichtig budgetiert, liegt in der Natur der Sache.
Die Bündner Finanzdirektorin sieht aber keinen Grund, ohne Not ein Sparprogramm zu initiieren und weist den Vorwurf der Sparpolitik von sich. Die Genauigkeit des Budgets gibt jedoch auch in Graubünden immer wieder Anlass zu Diskussionen.
Erst kürzlich, an der Auswärtssession in Arosa, stimmte der Grosse Rat einer Revision des Finanzhaushaltsgesetzes zu, die von der Regierung vorgeschlagen wurde. Neu soll es damit möglich sein, die Steuereinnahmen genauer zu budgetieren.
SRF 1, Regionaljournal Ostschweiz und Graubünden: 17:30 Uhr; sda/habs