Im vergangenen Jahr feierte der Schweizerische Nationalpark sein 100-Jahr-Jubiläum. Der Park ist ein Stück Wildnis, das sich selber überlassen ist und wo niemand auf die Jagd geht. Das sei kein Problem, sagt Nationalparkdirektor und Wildbiologe Heinrich Haller. Auch ohne Jagd habe es nicht plötzlich zu viele Füchse, Hasen oder Vögel. Die Erfahrung zeige, die Natur könne man sich selber überlassen.
Rein pragmatisch gesehen ist die Niederjagd nicht notwendig.
Ähnlich, aber nicht gleich, tönt es bei den Jägern. Robert Brunold, Präsident des kantonalen Patentjäger-Verbandes sagt: Nötig sei die Niederjagd nicht, aber berechtigt. So könne man sich auch fragen, ob es sinnvoll sei, Beeren und Pilze im Wald zu sammeln. In diesem Sinne nutze die Jagd die Ressourcen des Waldes.
Wir nutzen mit der Niederjagd ein Naturprodukt.
Der oberste Bündner Jäger relativiert diese Aussage jedoch in Bezug auf Schneehühner. «Die meisten Jäger möchten einen solches Tier ausgestopft für zu Hause haben».
Klimaerwärmung als Gefahr für Schneehühner
Knapp 1600 Vögel schossen die Bündner Jägerinnen und Jäger laut kantonaler Statistik 2014. Darunter 259 Schneehühner. Das Alpenschneehuhn gehört in der Schweiz zu den gefährdeten Arten. Daran schuld sei aber nicht in erster Linie die Jagd, sagt Matthias Kestenholz von der Vogelwarte Sempach. Mühe bereite dem empfindlichen Vogel vielmehr die Klimaerwärmung. Dadurch weiche das Schneehuhn in die Gipfelregionen aus, wo der Platz eng werde.
Seit Mitte der 1990er Jahre beobachtet der Kanton Graubünden die Schneehuhnpopulation. In verschiedenen Testgebieten (siehe Grafik) werden regelmässig die Hähne gezählt, um die Populationsgrösse abschätzen zu können. Dies hat auch Auswirkungen auf die Jagd. Während früher teilweise über 1000 Schneehühner geschossen wurden, sind es heute weniger als 300.
Für Biologe Matthias Kestenholz handelt es sich um ein vorbildliches System. Auch wenn es aus Sicht der Schneehühner natürlich besser wäre, wenn überhaupt keines abgeschossen würde, sagt er.
Gegner der Vogeljagd formieren sich
Vehemente Gegnerin der Vogeljagd in Graubünden ist Marion Theus von Wildtierschutz Schweiz. Es sei in erster Linie ein ethisches Problem, «weil ein Lebewesen ohne ersichtlichen Grund ausgelöscht ist», sagt die Präsidentin der Tierschutzorganisation.
Es macht keinen Sinn, Tiere aus Spass zu töten.
Die Organisation fordert deshalb in der Initiative «Für eine naturverträgliche und ethische Jagd» ein Verbot der Vogeljagd in Graubünden. Die Initiative ist eingereicht, derzeit liegt die Vorlage beim Kanton.
Es ist eine Haltung, die von den Jägern nicht geteilt wird. Robert Brunold, Präsident des Bündner Patentjäger-Verbandes, sagt, die Vogeljagd richte keinen Schaden an, weil die Jagdvorschriften streng seien. Im Gegenteil, die Tierarten könnten auch profitieren, weil die Jäger und Jägerinnen sich um den Lebensraum kümmern würden. Brunold erwähnt in diesem Zusammenhang das Einrichten von Wildruhezonen oder das Zählen der Bestände.
SRF1, Regionaljournal Graubünden, 17:30 Uhr