Jüngst tagte das Kantonsparlament auswärts in der Churer Stadthalle. Extra um die Abstandregeln einhalten zu können. Kostenpunkt: eine Viertelmillion Franken. Auf den ersten Blick schreitet die Politik damit mit gutem Beispiel voran.
Auf den zweiten Blick stellt sich aber die Frage, ob es sich um Geldverschwendung handelt. Ein Augenschein vor Ort zeigte nämlich die mangelnde Disziplin der Politikerinnen und Politiker. Abstand einhalten - Fehlanzeige.
Standesvizepräsident muss intervenieren
Vor allem in den Pausen schien man sich um die geltenden Abstandsregeln zu foutieren. Beim Kafi stand man sich buchstäblich beinahe auf den Füssen. Standesvizepräsident Martin Wieland sah sich sogar zur Intervention veranlasst. Noch während der Sitzung forderte er die Ratsmitglieder auf, die Abstandsregeln bitteschön einzuhalten. Sein Fazit nach der Sitzung: «Gebracht hat es wenig!»
Der innere Trieb beim Kafi war stärker als die Vorsicht.
Man habe diese Worte zwar zur Kenntnis genommen, sagt stellvertretend Tino Schneider, Parlamentarier von der CVP. Aber der innere Trieb sei beim Kafi stärker gewesen als die Vorsicht. Und ein anderer relativiert, man sei sich ja jeweils nur ganz kurz zu nahe gekommen.
Situation im regulären Ratssaal wäre wohl prekärer gewesen
Trotzdem stellt sich die Frage: Hätte man sich den ganzen Aufwand sparen können? «Nein», findet Standesvizepräsident Martin Wieland. Auch er betont, dass niemand länger als fünf Minuten miteinander geredet habe. Kritisch wäre es erst ab einer Dauer von einer Viertelstunde geworden. Die Situation im regulären Ratsaal schätzt er als deutlich prekärer ein: «Da wären die Leute stundenlang nahe nebeneinander gesessen.»
Und so kann man sich vielleicht an der mangelnden Disziplin stören, ein Fall von Geldverschwendung dürfte es aber nicht gewesen sein.