Rochen, Pinguine und Korallen sollen ab 2024 ein Zuhause auf der Basler Heuwaage haben: Der Grosse Rat stimmte dem Bebauungsplan für das Ozeanium am Mittwoch klar zu. Das 100-Millionen-Projekt des Basler Zoos an der Heuwaage soll dem Publikum anhand von rund 40 Aquarien Einblick in die Welt der Ozeane bieten und es für Umweltfragen sensibilisieren. Der Bebauungsplan basiert auf dem Projektvorschlag Seacliff der Zürcher Boltshauser Architekten. Der überwiegende Teil des Ozeaniums soll unterirdisch gebaut werden.
Ozeanium und Interview mit Zoo-Direktor
Im Kantonsparlament standen dafür nun Zonenänderung, Bebauungsplan, Strassenlinien und Baurecht zur Debatte. Im Vorfeld hatten sich verschiedene Projektkritikerinnen und -kritiker wie auch der Zoo mehrfach öffentlich verlauten lassen und auch während der Debatte gab es vor dem Ratshaus Proteste. Umstrittenste Themen waren dabei Ökologie und Tierschutz , so dann auch in der Ratsdebatte. «Die kritischen Fragen waren wichtig», sagte dazu Zoo-Direktor Olivier Pagan, der sich erfreut über die sachlich geführte Debatte zeigte.
Pädagogik und Tourismus
Befürworterinnen und Befürworter des Grossprojektes argumentierten wie die CVP, nur die Begegnung mit lebenden Exponaten könne dermassen faszinieren, dass Betrachtende ihr eigenes Verhalten ändern und mehr zum Schutz der Meere unternähmen. Gut behütet im Ozeanium würden Fische länger leben als im Meer, sagte die LDP.
Neben pädagogischem Nutzen wurde auch positive Effekte für den Tourismus ins Feld geführt, etwa seitens der FDP und der SVP. Mehrfach war von einem «Geschenk» an die Stadt die Rede. Die SP relativierte: Andere Nutzungen wären anstelle des Ozeaniums denkbar, dem der Kanton den Boden sehr günstig im Baurecht zur Verfügung stellt.
Fast alle Fraktionen unterstützten das Ozeanium. Zaghaft war die Unterstützung der SP, die vom Zolli ein klareres Bekenntnis zur Tierethik einforderte. Ein freisinniger Befürworter äusserte Skepsis an den optimistischen Prognosen des Zoos, die «enorm ehrgeizig» seien. Falls die Rechnung nicht aufgehe, müsse er das selber tragen.
Tierethische Zweifel
Einzig das Grüne Bündnis votierte strikt gegen das Grossprojekt und kündigte auch gleich das Referendum an. Das Konzept, gefangene Tiere zu zeigen, sei heute völlig veraltet; Tiere wirklich schützen könne man nur mit dem Schutz ihrer Lebensräume.
Für das Bündnis reichen heute virtuelle Begegnungen angesichts schädlicher Tierbeschaffungen und des Leidens der Fische in Gefangenschaft - Aquarien seien winzig klein verglichen mit dem Meer. Moderne Digitaltechnik biete echte Alternativen, wie zum Beispiel das «Ocean Odyssey» in New York beweise.
Auch wurden städtebauliche Aspekte und der pädagogische Nutzen bezweifelt. Echte Begegnungen ermöglichten nur einheimische Tiere; Exoten wie Koalas böten hingegen «falsche Authentizität». Die FDP konterte mit dem Verweis, Tierschutzvorgaben würden bei der konkreten Baubewilligung dann noch detailliert überprüft.
Kommissionen justierten
Nach einer zweieinhalbstündigen engagierten Debatte stimmte der Grosse Rat der Vorlage mit 69 gegen 13 Stimmen bei 13 Enthaltungen zu. Damit folgte er auch dem Antrag seiner Bau- und Raumplanungskommission, den öffentlichen Weg entlang des Birsig ausserhalb der Ozeaniums-Öffnungszeiten nicht zu schliessen.
Im Plenum unbestritten war auch die einstimmig eingefügte Forderung der Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission (UVEK) nach einem verbindlichen Mobilitätskonzept, um benachbarte Wohnquartiere vor Mehrverkehr zu verschonen. Die UVEK hatte überdies moniert, dass über das Ozeanium trotz seiner Auswirkungen auf die Verkehrsplanung an der Heuwaage nicht gleichzeitig mit letzterer entschieden wird. So könnte ein Nein zu letzterer das Ozeanium noch nachträglich verhindern.
43 Millionen fehlen
Mit dem OK zu den Plänen hat der Grosse Rat auch alle Einsprachen erledigt. Vier waren eingegangen: eine zum Natur- und Artenschutz, drei zum Verkehrsregime. Der Bebauungsplan hatte ein zweites Mal öffentlich aufgelegt werden müssen, weil beim ersten Anlauf ein fehlender Umweltverträglichkeitsbericht gefordert worden war.
Gegen das Ozeanium machen sich namentlich auch die Fondation Franz Weber und deren Verein Helvetia Nostra stark, primär aus ökologischen Gründen. Als Gegenprojekt hatten sie 2014 die «Vision Nemo» präsentiert, quasi virtuelle Multimedia-Fenster zum Ozean.
Der Zoo will - ergänzend zu den Becken im 1972 eröffneten Vivarium - im Ozeanium mittels Aquarien mit den jeweils passenden Tieren etwa die Gezeitenströmungen oder die Probleme des Mittelmeeres thematisieren. Zudem sind den Schwarmfischen und den Räubern im Meer eigene Becken gewidmet. 8,5 Meter hoch soll eines zum Thema «offener Ozean» werden.
Nach dem grünen Licht aus dem Parlament ist das Projekt finanziell noch nicht gesichert: Vor einer Woche hatte der Zoo Spenden und Zusagen von insgesamt 57 Millionen zusammen. Verantwortliche gaben sich zuversichtlich, dass der Rest noch fliesse; gebaut werde erst, wenn alles gedeckt ist. Weder für den Bau noch den Betrieb des Ozeaniums rechnet der Zoo mit Staatsgeldern. Gemäss Ratsvorlage ist der Baubeginn inzwischen auf 2021 angesetzt, die Eröffnung 2024, sofern alles klappt.