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Häusliche Gewalt eindämmen Der Kanton Zürich will die Nachbarn zum Hinschauen bringen

Im Schnitt rückt die Zürcher Kantonspolizei fünfzehnmal aus wegen häuslicher Gewalt. Jeden Tag. Die Zahl solcher Fälle bleibt seit Jahren auf traurig hohem Niveau: 2019 wurden rund 1'100 Massnahmen verfügt wie etwa ein Kontaktverbot. Und doch haben zehn Menschen ihr Leben verloren.

Was gilt als häusliche Gewalt?

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Neben psychischer und physischer Gewalt an sich ist auch wiederholtes Auflauern, Belästigen oder Nachstellen sowie die Androhung von Gewalt als häusliche Gewalt definiert.

In über neunzig Prozent der Fälle sind die Opfer weiblich.

Deshalb wollen die beteiligten Institutionen nun ihre Anstrengungen weiter verstärken. Eine neue Kampagne der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Opferverbände soll die Betroffenen – fast immer sind die Opfer Frauen – besser schützen.

Hinschauen als Nachbar oder Bekannter

Kern dieser Kampagne ist eine neue Internetseite der Justizdirektion. Sie bietet Opfern Hilfsangebote – richtet sich aber auch explizit an Drittpersonen, so Regina Carstensen von der Interventionsstelle für häusliche Gewalt bei der Kantonspolizei: «Wenn ein Arbeitskollege sieht, dass eine Frau viel Make-up trägt, um ein blaues Auge zu verdecken, dann ist es wichtig, dass er eingreift.» Es helfe dem Opfer, wenn es spürt, dass es nicht allein sei, so Carstensen.

Die Kampagne startet zeitgleich mit dem neuen Gewaltschutzgesetz. Das Bundesgesetz zum Schutz gewaltbetroffener Personen ist seit Anfang Juli in Kraft.

Lernprogramm statt ins Gefängnis

Das neue Gesetz gibt den Behörden mehr Befugnisse – und mehr Verantwortung. Neu kann die Staatsanwaltschaft auch in Fällen ermitteln, wo die Opfer dies nicht wollen. Dies sei wichtig, weil die Frauen die Anzeige häufig zurückziehen aus Angst vor dem Täter. In solchen Fällen kann die Staatsanwaltschaft seit diesem Monat von sich aus weiter Untersuchungen anstellen.

Und die Behörden können Druck auf die Täter ausüben. Zum Beispiel, indem er gezwungen wird, an einem Programm teilzunehmen, bei dem er sich mit seinem Gewaltpotenzial auseinandersetzen muss. Verweigert er sich diesem Programm, wird das Strafverfahren fortgesetzt.

Steigende Nachfrage

Für diese Programme zuständig ist das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung. Es gibt sie schon seit 20 Jahren, nicht nur für Gewalttäter, sondern zum Beispiel auch für Raser. Diese Methode anordnen, das war bis jetzt allerdings nicht so einfach. Deshalb haben die Staatsanwaltschaften nur einen kleinen Teil der Täter in ein solches Programm geschickt.

Mit der Gesetzesänderung scheint sich dies zu ändern. Er stelle eine signifikante Zunahme von Anfragen fest, sagt der Leiter der Abteilung auf Anfrage des Regionaljournals.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 17.30 Uhr ; 

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