Auslöser für den Facebook-Post des Aargauer SVP-Nationalrats Andreas Glarner war ein Elternbrief einer Stadtzürcher Primarlehrerin. Darin wies sie Eltern muslimischer Kinder darauf hin, dass diese wegen eines aktuellen Feiertags zuhause bleiben dürften. Dass sie dafür keinen Jokertag einziehen müssten.
Die Lehrerin hat dabei korrekt gehandelt. In der Zürcher Volksschulordnung ist ausdrücklich vorgesehen, dass sich Kinder aller Konfessionen bei hohen religiösen Feiertagen dispensieren lassen können.
Der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner störte sich offenbar trotzdem an dem Brief und veröffentlichte ihn auf seiner Facebook-Seite, inklusive Telefonnummer der Lehrerin. Dazu schrieb er: «Vielleicht möchte jemand der Lehrerin mitteilen, was man davon hält».
Intervention des Schuldepartementes
Der Aufruf blieb nicht ohne Folgen. Wie der Tages Anzeiger berichtete, läutete das Handy der Lehrerin Dutzende Male. Auch auf dem Schulsekretariat gingen Anrufe ein. Auf dem Facebook-Post sind Name und Handynummer der Lehrerin inzwischen eingeschwärzt - nach Intervention des Stadtzürcher Schuldepartementes.
Interveniert hat auch die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner. In einer Mitteilung verurteilt sie das Verhalten Glarners: «Dass Nationalrat Andreas Glarner eine sich korrekt verhaltende Lehrerin im Internet diffamiert, ist für die Zürcher Bildungsdirektorin inakzeptabel.» Damit überschreite Glarner jegliche Form von politischem Anstand und Fairness und verletze die persönliche Integrität dieser Lehrperson.
Zwei Strafanzeigen angekündigt
Der Facebook-Post hat für Andreas Glarner Folgen. Inzwischen haben die betroffene Lehrerin und die Kreisschulpflege Uto angekündigt, dass sie zwei Strafanzeigen gegen Glarner einreichen werden. Dies bestätigt die Schulpflege auf Anfrage des Regionaljournals. Bei der Lehrerin geht es um Persönlichkeitsverletzung. Bei der Schule um Nötigung, da der Schulbetrieb wegen der vielen Telefone eingeschränkt worden sei.
Auf diesem rechtlichen Weg kann die Lehrerin auf die Unterstützung von Silvia Steiner zählen. Und dies verspricht auch Jolanda Spiess-Hegglin, selbst prominentes Opfer zahlreicher Hasskommentare in den sozialen Medien. Ein Mitglied ihres Vereins «Netzcourage» habe 3000 Franken zur Verfügung gestellt, sagt sie - als Beitrag für allfällige Anwaltskosten.
Was ist der Verein «Netzcourage»?
Jolanda Spiess-Hegglin erklärt sich darüber hinaus auch bereit, Kontakt mit jenen Personen aufzunehmen, welche die Lehrerin am Telefon verunglimpften.
Glarner wundert sich über Reaktionen
SVP-Nationalrat Andreas Glarner sorgte auf sozialen Medien immer wieder für Aufsehen. 2018 veröffentlichte er etwa den Auszug einer Klassenliste einer Dübendorfer Schule, auf der nur einer von zwölf Namen nicht ausländisch klang. Später löschte er den Eintrag und entschuldigte sich.
Im aktuellen Fall sieht Glarner keinen Grund dazu. Er wundere sich über die Reaktionen, die sein Post ausgelöst habe. «Ich habe eine öffentliche Handynummer angegeben, das Schulhandy der Lehrerin. Wo sind wir denn, wenn wir nicht mehr sagen därfen, wenn uns etwas nicht gefällt?»