Streit mit dem Nachbarn? Probleme mit der Ex-Frau? Ein Gerichtsprozess kann Klärung bringen. Doch aufgepasst: Vor Gericht gehen ist nicht gratis. Wer einen Prozess anstrengt zahlt Gebühren, rasch einmal mehrere tausend Franken. Für viele ist das zu teuer.
Dass die Solothurner Regierung die Gebühren für Zivilprozesse erhöhen will, sorgt deshalb nun für Widerstand. Sogar bei Politikern, die sonst immer darauf bedacht sind, dass der Staat zu seinem Geld kommt. Ausgerechnet die Finanzkommission teilte am Montag mit, dass sie die geplante Gebührenerhöhung der Regierung ablehne.
Gleiche Debatte wie im Aargau
Eine Mehrheit der Solothurner Finanzkommission ist der Meinung, «dass es einem Rechtsstaat nicht gut anstehe, wenn er den Zugang zu Gerichtsverfahren erschwere», heisst es in der Mitteilung.
Mit anderen Worten: Es sollen sich weiterhin alle leisten können, ihr Recht vor Gericht zu erstreiten. Das ist genau, was auch der Aargauer Anwaltsverband sagt.
Im Aargau wurde die gleiche Debatte wie jetzt im Kanton Solothurn bereits vor zwei Jahren geführt. Der Aargauer Anwaltsverband kämpfte damals vergebens – Ende 2015 wurden die Prozess-Gebühren erhöht.
«Mittelstand bleibt auf der Strecke»
Die Präsidentin des Anwaltsverbands, Brigitte Bitterli, sagt heute: «Wir stellen fest, dass vor allem auch Gerichtskosten-Vorschüsse massiv höher sind als früher. Und das hat schon zur Folge, dass sich Private zweimal überlegen müssen, ob sie einen Prozess führen wollen oder nicht».
Private müssen zwei Mal überlegen, ob sie vor Gericht gehen wollen.
Als Anwältin müsse sie ihren Klienten manchmal abraten, vor Gericht zu gehen, weil sich diese einen Prozess gar nicht leisten könnten, sagt Bitterli: «Letztlich können nur noch jene prozessieren, die sehr arm sind, weil für diese der Staat die Anwalts- und Gerichtskosten übernimmt, und die sehr Reichen, weil ihnen die Kosten keine Rolle spielen. Der Mittelstand bleibt auf der Strecke, er hat es schwieriger, einen teuren Prozess zu führen».
«Viele haben Rechtsschutzversicherung»
Können sich also bald nur noch Arme und Reiche Prozesse leisten? Die Mehrheit der Solothurner Finanzkommission befürchtet das. Eine Minderheit – zu der auch Präsidentin Susanne Koch gehört – sieht diese Gefahr nicht.
Ein grosser Teil der Leute hat eine Rechtsschutzversicherung.
«Ich denke, ein grosser Teil der Leute hat heute Rechtsschutzversicherungen», gibt CVP-Kantonsrätin Koch zu bedenken: «Wenn sich wirklich abzeichnet, dass man Recht erhält, bekommt man also auch keine Gebühren auferlegt. Insofern bin ich der Meinung, dass die minime Gebührenerhöhung gerechtfertigt ist».
Showdown im Parlament
Interessant: Während eine Mehrheit der Finanzkommission die Gebührenerhöhung ablehnt, ist eine Mehrheit der Justizkommission dafür. Das dürfte eine spannende Diskussion geben, wenn die Gebührenerhöhung am 5. Juli im Solothurner Kantonsrat behandelt wird.
Vielleicht wird sich am Schluss sogar noch das Volk äussern können. Wird die Gebührenerhöhung im Kantonsrat nämlich nicht von einer Zwei-Drittel-Mehrheit angenommen, gibt es eine Volksabstimmung.