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Tabakprodukte-Gesetz Nationalrat will mehr Tabakwerbung erlauben als Ständerat

  • Bei der Werbung für Tabakprodukte geht der Nationalrat einen liberaleren Weg als der Ständerat.
  • In der Presse und im Internet soll Tabakwerbung nicht grundsätzlich verboten sein.

So sollen Werbebeschränkungen für Tabakprodukte nur in Presseerzeugnissen und auf Internetseiten gelten, die für Minderjährige bestimmt sind. Werbung in Kinos und im öffentlichen Raum soll jedoch weitgehend verboten werden, ebenso vom öffentlichen Grund aus einsehbare Plakatwerbung.

Darum geht es im Tabakproduktegesetz

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Viele Zigarettenschachteln im Laden
Legende: Keystone
  • Darum geht es: Der Bundesrat will griffigere Regeln für Tabakprodukte: Die Abgabe an Minderjährige soll verboten und die Tabakwerbung stark eingeschränkt werden. Der Gesetzesentwurf gilt für Zigaretten, aber auch E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Snus (Tabakpäckchen, die unter die Lippe gesteckt werden). Diese neueren Tabakprodukte sind bisher wenig reguliert.
  • Das ist der Grund für die Vorlage: Die aktuelle Schweizer Tabakgesetzgebung gilt im internationalen Vergleich als liberal. In den Kantonen gibt es teilweise bereits weiter gehende Einschränkungen, die Vorlage soll die Situation vereinheitlichen.
  • Das geschah bisher: 2016 verwarf das Parlament ein strengeres schweizweites Tabakgesetz. Daraufhin lancierte eine Allianz von Gesundheits- und Jugendorganisationen eine Volksinitiative «Zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung». Mit dieser Initiative im Nacken sind strengere Regeln für Tabak im Parlament wieder mehrheitsfähig geworden.
  • Das ist umstritten: Der Ständerat setzte ein umfassendes Werbeverbot in der gedruckten Presse und im Internet in das Gesetz. Dieses hat der Nationalrat nun aufgelockert und dafür die Werbung auf Plakaten verboten. Daher ging das Gesetz zurück in den Ständerat.

Sowohl Anträge für restriktivere Verbote von links als auch für weniger starke Werbeeinschränkungen von rechts scheiterten.

Freiheit gegen Verantwortung

Werbung, die sich an Minderjährige richtet, sei konsequent zu verbieten, fand die SP. Es gebe zwar den Ehrenkodex der Tabakbranche, sich in diesem Bereich selber zu beschränken, doch das funktioniere nicht. Yvonne Feri (SP/AG) erinnerte daran, dass Werbung für Zigaretten durchaus funktioniere: «Sogar ich war als junge Frau beeindruckt davon und hatte das Gefühl: Wow, ich sollte diese Zigis rauchen, dann geht mein Leben in die richtige Bahn.»

Zwar sei eine suchtfreie Gesellschaft eine Illusion, sagte Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH). Trotzdem müsse alles daran gesetzt werden, die Jugendlichen mit Präventionsmassnahmen vom Rauchen abzuhalten. Vor allem sei Werbung und Sponsoring an Sportveranstaltungen zu verbieten. «Das ist ja fast schon pervers. Auf der einen Seite postulieren wir für den Sport und auf der anderen Seite wird er subventioniert von einem Produkt, das wider die Gesundheit ist.»

Gegen jegliche weitere Werbeverbote machte sich Andreas Glarner (SVP/AG) und die SVP stark. Solche würden den Todesstoss für viele Veranstaltungen bedeuten, die auf solche Werbeeinnahmen angewiesen seien. Regine Sauter (FDP/ZH) warnte vor einem unverhältnismässigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit. «Zigaretten sind legale Produkte. Es muss somit auch möglich sein, dies zu bewerben.» Die Aufweichung der vom Ständerat eingefügten Verbote scheiterte schliesslich nur knapp.

Regeln fürs Sponsoring

Auch beim Sponsoring setzte sich der Kompromissvorschlag der Nationalratskommission durch. Sponsoring soll verboten sein für Veranstaltungen in der Schweiz, wenn diese internationalen Charakter haben oder auf ein minderjähriges Publikum abzielen. Ein absolutes Verbot – wie von Links-Grün gewünscht – sowie die von der SVP und FDP unterstützte komplette Streichung der Regeln für das Sponsoring waren nicht mehrheitsfähig.

Der Nationalrat entschied zudem, dass verkaufsfördernde Massnahmen für elektronische Zigaretten weiterhin möglich sein sollen. Auch brach Thomas Aeschi (SVP/ZG) eine Lanze für «Geniesser» und forderte Ausnahmen für Zigarren. Ein entsprechender Einzelantrag von Thomas Rechsteiner (CVP/AI) setzte sich im Nationalrat knapp durch. So soll «die direkte, persönlich ausgeführte Verkaufsförderung für Zigarren und Zigarillos mittels Degustationen und Kundenpromotionen» erlaubt bleiben.

Kantone sollen das Gesetz nicht verschärfen können

Geht es nach dem Ständerat, sollen die Kantone jeweils strengere Werbe-, Sponsoring- und Verkaufsförderungsvorschriften erlassen können. Der Nationalrat strich diesen Artikel aus dem Gesetz. Der Entscheid fiel mit 95 zu 94 Stimmen bei 4 Enthaltungen.

Das Gesetz geht nun an den Ständerat zurück. Vorbehaltlich eines Scheiterns des Gesetzes in der Schlussabstimmung ist damit auch ein landesweites Verkaufsverbot von Tabakprodukten an unter 18-jährige unter Dach und Fach.

Rendez-vous, 08.12.2020, 12.30 Uhr ; 

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