Ganz ruhig ist es im Klassenzimmer selten. Stühle rutschen, Kinder tuscheln. Diese Unruhe meint Lehrerin Annemarie Müllener aus Ostermundigen bei Bern nicht. Es sind Kinder, die sich nicht einordnen können, die den Unterricht stören, ja gar lahmlegen könnten mit ihrem auffälligen Verhalten. Zwei bis drei solcher Schülerinnen und Schüler gebe es in jeder Klasse.
Integration kostet, wenn sie nicht Verlierer produzieren soll.
Früher wurden verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler meist in Kleinklassen unterrichtet. Über 400 gab es im Kanton Bern, heute sind es noch 150.
Der Preis: Die Klassen sind heterogener geworden. Jedem Kind gerecht zu werden, sei schwieriger geworden. «Jemand bleibt immer auf der Strecke», sagt Annemarie Müllener. Der Störefried, die grosse Mehrheit der lernwilligen Schülerinnen und Schüler oder die Lehrkraft, die irgendwann – aus Frust – den Bettel hinschmeisst.
So gehts nicht mehr, findet sie. Über 800 Lehrkräfte fordern deshalb in einem Brief mehr Unterstützung. Zwei Lehrkräfte pro schwierige Klasse, vor allem beim Schuleintritt sei essentiell, wenn die Integration keine Verlierer produzieren soll.
Die Integration an und für sich stelle sie nicht nicht in Frage, aber sie koste halt was. Und: Die Unterstützung (SOS-Lektionen, Heilpädagogik, Klassenhilfen), die es heute gebe, sei ein Flickwerk.
Integration darf keine Ideologie sein.
Erziehungsdirektor Bernhard Pulver nimmt das Problem ernst und will den Schulen mehr Spielraum zusichern. Sie sollen ihre Ressourcen freier einteilen können – für Teamteaching oder für Einzelmassnahmen oder auch wieder für Kleinklassen. Denn: «Integration darf keine Ideologie sein.»