Der Kirchnerismus vor dem Ende
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Bild 1 von 9. Die Anfänge: In den unruhigen 1970er Jahren kämpfen Nestor Kirchner und Cristina Fernández, die ihren Mann stets «Kirchner» nannte, in der linkspopulistischen Peronistischen Jugend gegen die Militärregierung (1976 bis 1983). Nach ihrer Heirat 1975 eröffnen sie in der Provinzhauptstadt von Santa Cruz ein Anwaltsbüro. Der politische Aufstieg beginnt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 9. Argentinien schlittert 2001 in eine tiefe Notlage. Anleihen von 80 Mrd. Dollar können nicht mehr bedient werden. Auf dem Höhepunkt der Krise wechseln sich fünf Präsidenten in nur zehn Tagen ab. Ein drastisches Sparprogramm seines Vorgängers bringt Nestor Kirchner nach seiner Wahl 2003 so richtig in Fahrt und Argentinien wieder auf Kurs. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 9. Mit Kirchner kommt die Hoffnung – auf Kosten der internationalen Kreditwürdigkeit des Landes. Den Peso belässt er stark unterbewertet, um Exporte zu stärken. 2005 setzt er einen grossen Forderungsverzicht durch. Gläubiger, die in das argentinische Angebot einwilligen, verlieren beim Umtausch in neue Bonds mehr als die Hälfte ihrer Anleih-Werte. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Kritiker monieren oft den «königlichen» Regierungsstil Kirchners. Nestor, aufgrund seiner Herkunft «Pinguino» genannt, regiert oft am Parlament vorbei – abzulesen an der Zahl der von ihm erlassenen Dekrete. Andererseits überrascht er nach seiner Wahl die Öffentlichkeit mit einer Aufhebung der Amnestiegesetze gegen Vertreter der Militärdiktatur. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 9. Nestor Kirchner kandidiert 2006 trotz Beliebtheitsraten von über 60 Prozent nicht noch einmal. Nun wird eine Kandidatur seiner Ehefrau Cristina für die Präsidentschaftswahlen im Oktober 2007 erwartet. Medien spekulieren, dass Nestor unpopuläre Schritte zur Sanierung der Staatsfinanzen bei seiner Frau abladen will, um dann 2011 erneut anzutreten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 9. Cristina gewinnt die Wahl 2007 und setzt den Kurs ihres Ehemannes fort. Auch sie investiert die steigenden Einnahmen durch den Rohstoffexport zum Teil in Sozialprogramme. Sie revidiert viele Privatisierungen, um die «nationale Souveränität über die Wirtschaft wiederzuerlangen». Rentenversicherung, Fluglinie und Ölfelder werden verstaatlicht. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 9. Die Wirtschaft schwächelt, die Inflation steigt rasant. Die Präsidentin verliert ihre Gefolgschaft. Am 27. Oktober 2010 stirbt Néstor Kirchner an Herzversagen. In der Folge wächst die Popularität Cristinas wieder stark an. Sie hat mit erbittertem Widerstand zu kämpfen. Bürgertum und Industrie werfen ihr Populismus und Eigennutz vor. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 9. Im Oktober 2011 wird Kirchner im Amt bestätigt. In der Folge verschärft sie Devisenkontrollen und protektionistische Massnahmen gegen Importe. Die Welthandelsorganisation kritisiert Argentinien scharf. Im Februar 2012 kommt es zum diplomatischen Konflikt mit Grossbritannien um die Frage der Falklandinseln. Persönlich kämpft sie gegen den Krebs. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 9. Oktober 2013: Die Wirtschaftspolitik der Kirchners hält eine Mehrheit der Argentinier inzwischen für missglückt. Das Land leidet unter einer enormen Inflation. Die Regierung hat den Kauf von US-Dollars beschränkt – zeitgleich verliert der Peso an Kaufkraft. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag droht Cristina Kirchner eine schwere Schlappe. Bildquelle: Reuters.
Die Parlamentswahl in Argentinien wird vermutlich das Ende der Regierungszeit von Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner einläuten. Alle Wahlprognosen gehen davon aus, dass die Präsidentin eine Wahlschlappe erleiden wird, die ihr den Weg zu einer dritten Amtsperiode ab 2016 endgültig versperren dürfte.
Zwei-Drittel-Mehrheit in weiter Ferne
Um die dafür nötige Verfassungsreform durchzusetzen, bräuchte sie nämlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Das ist angesichts der 30 Prozent, welche ihre Partei laut Umfragen erhalten dürfte, ein unerreichbares Ziel. Beim Urnengang am Sonntag stehen die Hälfte der Abgeordneten und ein Drittel der Senatoren zur Wahl.
Vor allem die hohe Inflation drückt auf die Popularität Kirchners und ihrer Regierungskoalition Frente para la Victoria (FPV). Für das laufende Jahr dürfte die Geldentwertung in Argentinien gegen 25 Prozent betragen. «Das treibt die Leute zur Verzweiflung», sagt SRF-Südamerika-Korrespondent Ulrich Achermann. Die Regierung gebe infolge zu breit gestreuter Subventionen zu viel Geld aus und müsse im Gegenzug Geld drucken, um das Defizit auszugleichen, so Achermann.
Argentinien stehen schwierige Jahre bevor
Kirchner hat sich aber auch mit politischen Vorstössen unbeliebt gemacht: So versuchte sie, die grössten Medien zum Schweigen oder die Gerichte unter die Kontrolle der Regierung zu bringen. Daneben sorgen sich die Argentinierinnen und Argentinier auch über steigende Unsicherheit durch Überfälle und Drogenkriminalität, Import-Restriktionen und Devisenkontrollen. Die Schuld dafür geben sie der Regierungskoalition. Bei den Vorwahlen im August war die FPV nur noch auf 26,3 Prozent der Stimmen gekommen.
Mit der absehbaren Wahlschlappe bei der Parlamentswahl dürfte das Ende des Kirchnerismus' nahen: Die Präsidentin ist noch bis Ende 2015 im Amt. Mögliche Nachfolger seien keine in Sicht, sagt Korrespondent Achermann. Bis dahin rechnet er mit zwei schwierigen Jahren für Argentinien: Die Regierung sei zu Kursänderungen in der Wirtschaftspolitik nicht willens oder fähig, was zu wachsenden sozialen Spannungen im Land führen dürfte.
Wenig Informationen über Kirchners Gesundheitszustand
Präsidentin Kirchner selbst wird auf Anordnung der Ärzte nicht wählen können. Sie erholt sich nach einer Operation im Krankenbett in ihrer Residenz im feinen Hauptstadtvorort Olivos. Kirchner war vor zwei Wochen wegen einer Hirnhautblutung behandelt wurde. Den Flug an ihren Wohnsitz im patagonischen El Calafate haben die Ärzte bislang nicht genehmigt.
Nach Angaben ihrer engsten Mitarbeiter wird die Präsidentin während der Genesung nur sehr allgemein über den politischen Alltag informiert. Über das Zugunglück in Buenos Aires mit fast hundert Verletzten, das eine Woche vor den Wahlen eine Entrüstungswelle in den sozialen Netzwerken entfacht hatte, sei sie zunächst gar nicht unterrichtet worden, sagte der Innenminister.
Laut Meinungsforschern hat die Erkrankung Cristina Kirchners durchaus positive Auswirkungen auf ihr Image als Präsidentin. Unpopulär ist ihr Stellvertreter, Vizepräsident Amado Boudou, der verfassungsmässig die Regierungsgeschäfte während ihrer Abwesenheit übernahm. Er hält sich denn auch diskret im Hintergrund.