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International Alter Präsident, altes Problem

Die Wiederwahl Joseph Blatters ändert nichts daran, dass der Weltfussballverband an Korruption krankt. Doch die Vetternwirtschaft ist nicht nur ein Fifa-internes Problem. Sie wird auch von aussen in die Organisation hineingetragen. SRF News stellt die Zusammenhänge dar.

Der Basler Korruptionsexperte Mark Pieth hat in den Jahren 2011 bis 2013 mit mässigem Erfolg versucht, der Fifa mehr Transparenz zu verleihen. In einem Interview mit der «Südostschweiz» formulierte der Strafrechtsprofessor am Freitag einen bemerkenswerten Satz: «Die 209 Landes-Verbände bringen alle Probleme der Welt in die Fifa mit, inklusive Korruption. Darüber gelegt ist ein Patronage-System mit Blatter im Zentrum. Er hat es in der Hand, Gefälligkeiten und Ämtchen zu verteilen.» Zur Person Blatters sagte Pieth noch dies: «Er ist ein Machtmensch – aber ich sage nicht, er sei korrupt.»

Bestechung als Problem der Nationen

Der Korruptionsindex 2014 von Transparency International (TI) zeigt, wie verbreitet das Phänomen der Bestechung nach wie vor ist. Eine erdrückende Mehrheit der Länder, deren Fussballverbände der Fifa angeschlossen sind, gilt als «korrupt» oder «sehr korrupt». Nur wenige Staaten bekommen das Prädikat «clean» oder «very clean» (siehe Grafik).

So schneiden die sechs Fifa-Kontinentalverbände im TI-Ranking ab:

  • Afrika: Praktisch alle 54 Landesverbände vertreten hoch korrupte Staaten.
  • Asien: Deutliche Mehrheit der korrupten Staaten (Australien und Japan bilden die saubere Minderheit unter den 46 Ländern).
  • Nord- und Mittelamerika: Hier stehen von 35 Fifa-Nationen nur die USA und Kanada mit relativ reiner Weste da.
  • Ozeanien: Neuseeland gehört zu den vorbildlichen Staaten. In den anderen 10 Mitgliedsländern steht Korruption hoch im Kurs.
  • Südamerika: Mit Ausnahme von Chile ist die Korruption in allen anderen 9 Staaten weit verbreitet.
  • Europa: Westeuropa ist mehrheitlich sauber, die korrupten östlichen Nationen mit Russland an der Spitze sind unter den 53 Mitgliedsverbänden deutlich in der Minderheit. Diese Konstellation erklärt auch, warum es die Uefa ist, die den Kampf gegen die Bestechungskultur in der Fifa anführt.

Laut der Weltkarte von Transparency International ist die Korruption in hoch entwickelten Ländern deutlich geringer als in Drittweltländern. Geht es nach Francis Cheneval, Professor für Politische Philosophie an der Universität Zürich, kommt das nicht von ungefähr. In Ländern, in denen mehr noch die Familie als der Staat für den Einzelnen sorge, sei «die Ablehnung von Vetternwirtschaft weniger stark ausgeprägt.» Will heissen: In Ländern, in denen es etwa keine Altersvorsorge gibt, werde «begrüsst, wenn einer etwas für die Familie oder die Freunde tut.»

Korruption in fast allen Gesellschaften

Die Begünstigung im weitesten Sinn muss man also im kulturellen Kontext sehen. Tatsächlich streicht die Korruptionsforschung einmütig heraus, dass früher oder später in fast allen Gesellschaften Patronage und Bestechung betrieben worden sind. Dabei bereicherte das System nicht nur Einzelne, sondern verlieh auch der Gemeinschaft Strukturen. Insofern lässt sich Korruption durchaus als Etappe einer gesellschaftlichen Entwicklung begreifen.

Die Päpste in der Spätantike und im Mittelalter zum Beispiel verteilten immer mehr Würden und Pfründe an Günstlinge – so dass es mit der Zeit notwendig wurde, über die Vergaben Buch zu führen. Aus der Buchführung entstand eine Bürokratie, und aus der Bürokratie ging eine Verwaltung hervor. Zuverlässige Verwaltungen sind die Wegbereiter moderner Staaten.

«Was hat denn der Lohn des Präsidenten mit Transparenz zu tun?»

Experten machen die Fifa-Spitze denn auch nicht grundsätzlich für das nach wie vor grassierende Problem der Korruption verantwortlich. Sie werfen den Verantwortlichen vielmehr vor, dass sie auch dort keine Transparenz in ihre Geschäfte bringen, wo sie es könnten.

Die international anerkannte Korruptionsexpertin Alexandra Wrage begründete ihren Rücktritt aus dem Fifa-Reformkomitee gegenüber der «Rundschau» wie folgt: «Wir machten Reform-Vorschläge, und die endeten im nichts. So etwas habe ich noch nie erlebt. Viele Empfehlungen wurden ohne Diskussion, ohne Erklärung abgelehnt.»

Als Pieth vorschlug, die Saläre der Fifa-Oberen transparent zu machen, kommentierte dies Blatter lakonisch: «Was hat denn der Lohn des Präsidenten mit Transparenz zu tun? Wieso ist es wichtig, wie viel der Fifa-Präsident verdient?» Intransparenz, soweit sind sich Kenner und Transparency International einig, begünstige die Korruption.

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