Noch keine acht Monate im Amt, hat der französische Präsident bereits die Hände zahlreicher Staatsoberhäupter geschüttelt. Ob als Gastgeber in Paris oder als Besucher in diversen Hauptstädten: Emmanuel Macrons Aussenpolitik lässt Frankreich mit neuem Stolz erscheinen.
SRF News: Worin besteht die Bedeutung von Emmanuel Macrons Besuch in China?
Nino Galetti: China ist ein sehr grosses Land und auch für Frankreich ein sehr wichtiger Partner. China ist ein grosser Absatzmarkt für die französische Industrie und ihre Produkte. Aber China ist auch ein geostrategisch wichtiger Partner, v.a. in der Region Pazifik, Asien und zunehmend auch in Afrika.
Schliesslich ist China ein wichtiger Partner für Frankreich, wenn man sich das Thema Klimaschutz anschaut. Gerade in der Frage des Klimaschutzes möchte Frankreich ja die Führung übernehmen und ist auf China als Partner angewiesen.
Macron besuchte zuerst die historische Stadt Xian mit der Terracotta-Armee. Weshalb hat er genau diesen Ort ausgesucht?
Xian war ja früher die Hauptstadt Chinas und das Tor zur Seidenstrasse. Und ein Politiker wie Emmanuel Macron kennt die Symbolsprache sehr gut. Ich glaube, deshalb hat er sich Xian als ersten Ort seiner China-Reise gewünscht. Um zu zeigen: Da kommt jemand von dem Ort, an den die Seidenstrasse hinführt, nämlich aus Europa.
Seit seinem Amtsantritt hat Macron sehr viele Auslandsbesuche gemacht und sehr viele Staatschefs empfangen. Was bedeutet das für seine Auslandspolitik?
Frankreich ist eine Zentralmacht nicht nur in Europa, sondern weltweit. Es hat auch einen Sitz im UNO-Weltsicherheitsrat. Insofern ist es ganz normal, dass der französische Staatspräsident sehr viele Auslandsreisen macht und sehr viele Staatschefs in Paris, in Frankreich begrüsst.
Emmanuel Macron bricht aber auch ein wenig mit seinen Vorgängern: Er hat auch Staatschefs empfangen, die als Politiker kontrovers sind.
Interessant ist die Art, wie Macron mit Staatschefs umgeht, die vielleicht nicht so auf das Wohlwollen des Westens stossen – ich denke an Wladimir Putin, an Recep Tayyip Erdogan. Er empfängt sie sehr freundlich, wahrt die Etikette, sagt aber trotzdem sehr klar, was seine Meinung ist, und wirkt überhaupt nicht schwammig – das haben wir zuletzt am vergangenen Freitag beim Besuch von Erdogan in Paris gesehen.
Macron wahrt die Etikette, sagt aber trotzdem sehr klar, was seine Meinung ist.
Was sehen Sie, wenn sie die Handshakes mit diesen strittigen Personen analysieren, mit Erdogan, aber auch mit Donald Trump?
Macron selbst hat nach dem Handshake mit Trump gesagt, dass er diesen natürlich vorher geübt habe, und dass es für ihn wichtig sei zu zeigen, dass er als junger Staatsmann durchaus ernst zu nehmen sei und dass er wisse, was er wolle. Deshalb packt er zu und lässt erst wieder los, wenn er sein Ziel erreicht hat.
In welche Richtung geht da seine Aussenpolitik? Welche Strategie verfolgt er?
Na, sein Programm ist ein Stück weit: Make France great again. Frankreich soll wieder in der ersten Reihe mitspielen. Frankreich soll wieder der Staat werden, der Impulse auf globaler Ebene setzt.
Bei den Treffen im In- und Ausland ist ja immer auch ein Stückchen Inszenierung dabei. Was kommt wirklich dabei raus?
Macron nutzt die royale Kulisse, die Frankreich, die Paris bietet, sehr bewusst und kommt damit bei den Franzosen ganz gut an. Er nutzt diese royale Kulisse für Symbolpolitik, aber auch, um bestimmte Dinge zu inszenieren. Nur: Diese Inszenierung ist nie hohl, sondern gleichzeitig setzt Macron inhaltliche Impulse und macht damit Politik.
Macron nutzt die royale Kulisse, die Frankreich bietet, sehr bewusst und kommt damit bei den Franzosen ganz gut an.
Was sind bisher Macrons wichtigste aussenpolitische Stationen?
Jede Auslandsreise war wichtig, denn es handelt sich ja um den französischen Präsidenten. Aber ich würde aus unserer europäischen Sicht sagen, dass seine Rede an der Sorbonne und seine Reise nach Athen zur Akropolis wichtig waren. Beide Reden zu Europa waren wichtig, weil sie sehr viele Impulse für die Zukunft der Europäischen Union geleistet haben.
Dann war seine Reise nach Ouagadougou sicherlich wichtig, weil er dort den Afrikanern zugerufen hat: Nehmt euer Schicksal selbst in die Hand und schiebt die Schuld nicht immer auf die Europäer und die Kolonialvergangenheit.
Und schliesslich ist eine Reise wie nach China auch sehr wichtig. Denn da geht es um den globalen Klimaschutz, und da möchte Macron Akzente setzen. Dafür braucht er auch die Chinesen.
Das Gespräch führte Simone Hoffmann.