Die Themen, die auf dem Weltsozialforum (WSF) debattiert wurden, scheinen weit entfernt von der Lebenswirklichkeit der Menschen in Tunis: Gegen den Neoliberalismus, gegen eine Globalisierung, gegen den Finanzkapitalismus, gegen internationale Grosskonzerne.
Andererseits haben die Gastgeber und der Arabischen Frühling das Forum stark geprägt. Auf vielen Veranstaltungen wurde hitzig über Demokratie diskutiert, über Folgen der Kolonialisierung, über Frauenrechte und die Auseinandersetzung zwischen Religiösem und Säkularen.
Zwei Jahre nach der Vertreibung arabischer Diktatoren leiden Staaten wie Tunesien und Ägypten weiter unter Unruhen und Spannungen zwischen islamischen Konservativen und westlich-säkular geprägtem Bürgertum.
Kluft wird immer grösser
In Tunesien geniessen Frauen offiziell dieselben Rechte wie Männer. Ein Vorstoss der regierenden Islamisten-Partei Ennahda, wonach Frauen in der neuen Verfassung als «ergänzend» zu Männern definiert worden wären, wurde rasch zurückgewiesen.
Dennoch wächst das Unbehagen bei Frauengruppen angesichts eines erstarkenden Selbstbewusstseins islamisch fundamentalistischer Salafisten.
Die Kluft zwischen Säkularen und religiösen Konservativen wächst. Ihren vorläufigen Höhepunkt fand sie in Tunesien nach der Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaïd. Die anschliessenden Unruhen mündeten in einer Regierungskrise und einem neuen Kabinett.
Gespräche über Verfassung Tunesiens
Am Rande der Veranstaltung haben sich fünf Schweizer Parlamentarier mit dem Präsidenten des tunesischen Verfassungsrats, Mustafa Ben Jafaar, getroffen. Thema des Treffens war die neue Verfassung Tunesiens.
Ben Jafaar versicherte den Schweizer Parlamentariern, darunter Nationalratspräsidentin Maya Graf (Grüne/BL), dass die Arbeiten an der neuen Verfassung bis spätestens Juni abgeschlossen sein sollen. «Nur Details müssen noch von Experten geklärt werden», sagte er.
Gemäss Ben Jafaar wird Artikel 1 der alten Verfassung in die neue übernommen werden. In dem Artikel der 1959 verabschiedeten Verfassung steht: «Tunesien ist ein unabhängiger, freier und souveräner Staat, seine Religion ist der Islam und seine Sprache Arabisch.»
Gemäss dem Präsidenten der sozialdemokratischen Partei Ettakatol wird das islamische Recht, die Scharia, nicht in die neue Verfassung aufgenommen werden. Bezüglich der Gleichstellung zwischen Mann und Frau zeigte sich Ben Jafaar optimistisch.
Schweiz in Tunis sichtbarer
Die Schweizer Delegation ist an dem zu Ende gegangenen Weltsozialforum in Tunis viel stärker in Erscheinung getreten als am letzten Forum im Jahr 2011 in Dakar. So organisierten etwa Schweizer NGO doppelt so viele Workshops als vor zwei Jahren.
Für Ständerat Luc Recordon (Grüne/VD), der bereits zum sechsten Mal an einem Weltsozialforum dabei war, zeigte die Ausgabe von Tunis einen qualitativen Fortschritt. «Ich habe an qualitativ hoch stehenden und intensiven Workshops teilgenommen», erklärte er.
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