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Armer reicher Ölstaat Algeriens Öl – Segen und «Klumpenrisiko»

Steigende Energiepreise werden das grösste Land Afrikas kurzfristig entlasten. Doch die Perspektiven bleiben düster.

Algerien erlebte seit der Jahrtausendwende goldene Jahre. Der Staat konnte viel Geld in Infrastruktur investieren, den Import von Waren und grosszügige Sozialprogramme. Daneben sparte der Staat in seinem Staatsfonds über 200 Milliarden Dollar. Bis zum Absturz der Energiepreise vor vier Jahren. Das Geld ist inzwischen weitgehend aufgebraucht.

Eigenbedarf wächst – teure Produktion

Die Perspektiven seien düster, sagt Issandr El Amrani vom Think Tank International Crisis Group: Denn Algerien werde in Zukunft weniger Öl exportieren können als bisher. Die Förderanlagen in Algerien seien zudem veraltet und produzierten zusehends weniger. Gleichzeitig wachse der Energiekonsum im Inland.

Algerien produziert seine Energie also zu hohen Gestehungskosten, die immer noch über dem Preis liegen, der heute auf dem internationalen Markt geboten wird. Das drückt auf die Rendite.

Schlechtes Investitionsklima

Weil Algerien kaum mehr finanzielle Reserven hat, kann der Staat die Anlagen nicht aus eigener Kraft finanzieren, wie der Analyst erklärt: «Algerien hätte möglicherweise noch grosse Rohstoffvorkommen. Aber die Regierung schafft kein gutes Klima für Investoren, das die grossen Energiekonzerne mit den modernen Technologien anzieht.»

Hürden für Investoren aus dem Ausland gibt es viele. Ein politisches System, das nach aussen nicht transparent ist, eine ausufernde Bürokratie, die immer wieder Regeln ändert. Dazu kommt viel Korruption, bei der Algerien im Ländervergleich der Organisation Transparency International weit hinten rangiert. Zugleich muss bei Investitionen immer eine Kapitalmehrheit von 51 Prozent in algerischem Besitz sein, damit der Einfluss auf Entscheidungen gewahrt ist.

«Le Pouvoir»

Die Einsicht ist nicht neu, dass Algerien seinen Reichtum aus dem Öl- und Gasgeschäft für eine Diversifizierung der Wirtschaft nutzen müsste. Schon einige Regierungschefs unter Präsident Abdelaziz Bouteflika hatten dies versprochen, doch geschehen ist nur wenig.

Dies liegt auch am politischen System. Formell ist dieses Land eine Präsidialdemokratie, bei welcher alle Fäden beim Präsidenten zusammenlaufen. Unklar ist, ob dies beim schwerkranken Bouteflika immer noch der Fall ist. Oder ob im Hintergrund seine Berater und einflussreiche Generäle die Fäden ziehen. In Algerien reden Politologen gerne von «Le Pouvoir», also einer wenig transparenten Macht.

Wenig Hoffnung auf schnelle Fortschritte

Eine Diversifizierung der Wirtschaft werde auch Algeriens Politik verändern, sagt Analyst El Amrani: «Wenn das Land zu über 90 Prozent von den Einkünften aus dem Öl abhängt, dann kontrolliert der Staat das System total.» Erst wenn sich die Wirtschaft diversifizier, werde auch die Macht anders verteilt und der Staat verliere an Einfluss. Auch so werde der Staat extrem wichtig bleiben, könne aber nicht mehr alles kontrollieren. Das erde viel ändern.

Abdelaziz Bouteflika.
Legende: Die Regierungspartei von Präsident Abdelaziz Bouteflika (81) blieb bei den Wahlen der Provinz- und Kommunalparlamente im November 2017 stärkste Kraft. Imago/Archiv

Es gibt also einen engen Zusammenhang zwischen den Blockaden in Algeriens Wirtschaft und dem intransparenten politischen System. Die Regierungspartei will bei den Präsidentenwahlen vom nächsten Frühjahr erneut den schwer kranken Bouteflika ins Rennen schicken. Das wäre ein Zeichen, dass das System mehr Zeit braucht, weil hinter den Kulissen um die Weichenstellung für die Zukunft gerungen wird.

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