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Artenschutz in den USA «Das ist ein riesengrosser Rückschritt»

Gestern wurden in den USA die Änderungen des Gesetzes für gefährdete Arten vorgestellt – ab September sollen sie in Kraft treten. Neu würden bedrohte und gefährdete Arten nicht mehr automatisch den gleichen Schutzstatus bekommen. Stattdessen wird man mehr fragen: Lohnt es sich, einen Lebensraum zu schützen, wenn im Boden kostbare Rohstoffe liegen?

Die Auswirkungen der Gesetzesänderung könnten verheerend sein, sagt Thomas Wirth, Biodiversitätsexperte des WWF.

Thomas Wirth

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Thomas Wirth ist Projektleiter Biodiversität in der Abteilung Governance, Policy and Advocacy beim WWF Schweiz.

SRF News: Welche Konsequenzen haben diese Entscheidungen für die Artenvielfalt der USA?

Thomas Wirth: Diese Änderung ist sehr gefährlich. Wir beobachten global einen drastischen Rückgang der Artenvielfalt. Immer mehr Tierarten sind bedroht, es gibt mehr Artensterben. Dieses Gesetz in den USA ist ein wichtiges Schutzgesetz und wird mit den Änderungen de facto zur Makulatur.

Dank dem Gesetz sind etwa 1600 Arten in den USA geschützt. Können Sie abschätzen, welche Arten mit der Änderung primär bedroht wären?

Das ist schwierig genau abzuschätzen, da die Auswirkungen noch offen sind. Es hängt davon ab, welche Gebiete, welche Bereiche, welche Ressourcen verstärkt genutzt werden. Aber es ist klar, dass endemische Arten, die eben nur an wenigen spezifischen Orten vorkommen, besonders bedroht sind. Dann natürlich Arten wie der Grizzlybär, die auf grosse, zusammenhängende Lebensräume angewiesen sind. Aber auch solche, die eine gesunde Umwelt brauchen. Gerade bei Minen oder Abbaugeschäften muss man davon ausgehen, dass nicht nur die Fläche selbst beschädigt wird, sondern aufgrund der teilweise sehr schlechten Umweltvorschriften in den USA auch Wasser und Böden geschädigt werden.

Das ist ein riesengrosser Rückschritt in den Bemühungen, das Artensterben zu verhindern.

Schauen wir zwei Änderungen noch im Detail an. Der Pauschalschutz für zuletzt als bedroht eingestufte Tiere wird ebenso aufgehoben wie die Unterscheidung zwischen gefährdeten und vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten. Was bedeutet das für die Flora und Fauna?

Einerseits wird damit der jetzige Schutz der Arten aufgeweicht. Aber vor allem haben wir einen generellen Rückgang der Artenvielfalt. Das heisst, Arten, die heute noch nicht so bedroht sind, aber in einem Rückgang begriffen sind, werden künftig keinen Schutz mehr erhalten, wenn ihr Zustand schlechter wird. Das ist insgesamt ein riesengrosser Rückschritt in den Bemühungen, das Artensterben zu verhindern.

Welche Gebiete der USA sind denn aus wirtschaftlicher Sicht interessant und darum aus Sicht des Umweltschutzes besonders bedroht?

Das sind die Gebiete mit wertvollen Mineralien oder Ölvorkommen. Das bedeutet insofern nicht nur einen Rückschritt bezüglich Artenschutz. Das neue Gesetz ist auch aus Klima-Sicht problematisch. Wir haben Ölreserven im Boden, die wir keineswegs verbrennen dürfen, wenn wir das Klimaziel des Pariser Abkommens erreichen wollen. Hinzu kommt: Wenn gefördert wird, dass Materialien abgebaut werden, gehen die Bemühungen im Recycling, in der Kreislaufwirtschaft, ebenfalls verloren.

Wirtschaftliche Interessen, gerade im Bereich Abbau, stehen über den Naturschutz-Interessen.

Das ganze Gesetz sagt eigentlich nur: Wirtschaftliche Interessen, gerade im Bereich Abbau, stehen über den Naturschutz-Interessen. Alle Leistungen, welche die Natur erbringt – wie die Regulierung des Wasserkreislaufs, Trinkwasseraufbereitung, kulturelle Leistungen, Schutzleistungen – werden hinten angestellt. Für eine nachhaltige Zukunft sind diese Leistungen der Umwelt aber sehr viel wichtiger. Die Gesellschaft wie die Wirtschaft brauchen diese Ressourcen.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

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