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Bilderberg-Konferenz «Früher wurde nicht einmal die Existenz des Anlasses bestätigt»

Das diskrete Treffen der Machtelite bleibe trotz Öffnungstendenzen demokratisch heikel, sagt der Soziologe Björn Wendt.

Noch bis Sonntag treffen sich in Montreux rund 120 Reiche und Mächtige zur «Bilderberg-Konferenz». Der seit 1954 privat organisierte Anlass zu weltpolitischen Themen ist höchst vertraulich und nährt immer wieder Kritik – und Verschwörungstheorien.

Immer noch total geheim?

Inzwischen sei bei den Organisatoren eine gewisse Tendenz von der totalen Geheimhaltung hin zu einer gewissen Öffentlichkeit zu beobachten, sagt der Soziologe Björn Wendt von der Universität Münster.

«Wurde ehemals nicht einmal die Existenz des Anlasses bestätigt, so gibt es heute eine Homepage mit Teilnehmer- und Themenliste und sogar eine Kontaktadresse für Journalisten», so Wendt. An alle diese Informationen sei man noch vor ein paar Jahren nur mit aufwendiger Recherchearbeit gekommen.

Ehemals wurde nicht einmal die Existenz des Anlasses bestätigt.
Autor: Björn Wendt Soziologe, Universität Münster

Wer trifft sich in Montreux?

Am diesjährigen Tagungsort kommen erneut die typischen Vertreter aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen zusammen. Darunter sind laut Wendt Milliardäre, Könige und Vorsitzende von Konzernen und Zentralbanken. Dazu kommen hohe Militärs, Journalisten und Wissenschaftler von Elite-Universitäten. Zugleich sind Spitzenpolitiker oder aufstrebende Politiker geladen, um über strukturelle oder aktuelle weltpolitische Themen zu diskutieren.

Bilderberg-Konferenz in Montreux.
Legende: Die Bilderberg-Konferenz tagt vom 30. Mai bis 2. Juni in Montreux. Keystone

Wie geheim ist das Treffen?

Beim «Bilderberg» wird laut Wendt nach der so genannten Chatham-Hausregel konferiert, welche die Weitergabe von Inhalten vertraulicher Gespräche an Dritte regelt. Das bedeutet, das nicht direkt zitiert werden darf, was auf der Konferenz gesagt wurde. Zugleich werde den Teilnehmenden aber zugestanden, über allgemein Gesagtes offen zu sprechen.

Es gehe also nur darum, dass konkrete Personen nicht zitiert werden dürften, erklärt Wendt, der eine Studie zur Bilderberg-Konferenz veröffentlicht hat. Die aufgestellte Norm werde interessanterweise oft überinterpretiert. Derart starker Gehorsam wäre nach seinen Worten also gar nicht gefordert. «Nach meiner Einschätzung gibt es Anhaltspunkte, wo man auf jeden Fall journalistisch und wissenschaftlich weiter gehen könnte.»

Ein Beigeschmack bleibt

Trotz der Öffnungstendenzen – aus einer demokratischen Perspektive sei es durchaus heikel, wenn sich gewählte Volksvertreter mit Milliardären träfen, räumt Wendt ein. Als weiteres Beispiel nennt er den Verteidigungsminister eines Landes mit Vertretern von Rüstungskonzernen.

Ein grösseres Engagement für Kontrolle wäre von allen Beteiligten sehr wünschenswert.
Autor: Björn Wendt Soziologe, Universität Münster

«Eine Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass Macht kontrolliert wird und dass eine gewisse Transparenz gegeben ist», so Wendt. Durch Prozesse wie die Bilderberg-Konferenz werde das natürlich unterlaufen: «Ein grösseres Engagement für Kontrolle wäre deshalb von allen Beteiligten samt den Organisatoren sehr wünschenswert.»

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