Das Wichtigste in Kürze
- Autokonzerne sollen die CO2-Emissionen der ganzen Flotte bis 2030 um 30 Prozent senken. Dies fordert die EU-Kommission und droht mit «substanziellen» Bussen.
- Bis 2025 fordert die Kommission von den Konzernen zudem 15 Prozent Elektroautos im Angebot, 2030 sollen es 30 Prozent sein.
- Verbindlich sind diese Quoten für E-Autos aber nicht. Auch ist bei Erreichen der Ziele ein Bonussystem zugunsten von Benzinautos geplant.
- Während die Autoindustrie von «extremen Herausforderungen» spricht, vermissen Umweltkreise verbindliche Quoten, ohne die die Klimaziele nicht zu schaffen seien.
Der Strassenverkehr ist einer der grössten Klimasünder. Wenn sich die Europäische Union also verpflichtet hat im Kampf gegen die Klimaerwärmung, muss der Verkehr einen entsprechend grossen Beitrag leisten.
Nun fordert die EU-Kommission, dass jeder Autokonzern bis 2030 die CO2-Emmissionen der gesamten Auto-Flotte um 30 senken muss. Wer das nicht erreicht, muss eine Busse bezahlen, betont Miguel Arias Canete-EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie. Er spricht von einer substanziellen Busse, um so die Autokonzerne zum entsprechenden Engagement zu zwingen.
Sieg für die Autoindustrie?
Doch selten ist im Vorfeld eines Kommissionsentscheides so heftig lobbyiert worden wie im aktuellen Fall. Vor allem die deutsche Autoindustrie kämpfte massiv gegen zu ehrgeizige Ziele. Solche würden der deutschen Industrie schaden und Arbeitsplätze gefährden.
Und nun kritisiert der deutsche Automobilverband auch diesen Vorschlag als zu ehrgeizig. Die Rede ist von «extremen Herausforderungen» für Industrie. Doch ist das wohl eher eine Finte, um vom eigenen Erfolg abzulenken.
Umweltpolitikerin Harms: «Tiefpunkt»
Denn noch unzufriedener sind Umweltkreise. Das deutsche Bundesamt für Umwelt etwa spricht von viel zu tiefen Zielen. Und die Grüne Rebecca Harms sagt: «Die heute präsentierten Vorschläge sind eher ein Tiefpunkt der europäischen Klimaregulierung als ein Fortschritt.»
Zu diesem Tiefpunkt gehört für Harms auch der zweite Teil des Kommissionsvorschlages. Hier fordert die EU-Kommission zwar, dass Autokonzerne bis 2025 einen Anteil von 15 Prozent Elektroautos in ihrem Angebot haben sollen. 2030 sollen es dann 30 Prozent sein.
Dies ist ein ganz gefährlicher neuer Ablasshandel.
Doch sind das keine verbindlichen Quoten. Und wenn die Konzerne diese Ziele erreichen, können sie sich dies als Bonus gutschreiben lassen bei den Benzinautos. Dies sei ein ganz gefährlicher neuer Ablasshandel, kritisiert Harms. Ein paar Elektroautos in der Flotte und schon darf der sehr grosse Rest der Flotte wieder mehr CO2 in die Luft blasen, als eigentlich zugelassen ist.»
Canete: «Kommission hat unabhängig entschieden»
Die unverbindlichen Vorgaben für Elektroautos und dieses Bonussystem zeigen wohl am klarsten, dass sich die Autolobby stärker hat durchsetzen können, als die anderen Player. Kommissar Canete weist das allerdings zurück und betont, dass die Kommission unabhängig entschieden habe.
Trotzdem stellt sich die Frage, wie die Kommission mit den heute präsentierten Vorschlägen die eigenen Ziele erreichen kann. Canete hält fest, dass die europäischen Autokonzerne bei Elektroautos massiv im Hintertreffen seien, im Vergleich zu den Konkurrenten in den USA und in Asien.
Tankinfrastruktur ausbauen – reicht das?
Doch statt auf eine ehrgeizige und verbindliche Quote für Elekroautos wie etwa China setzt die EU-Kommission auf eine Förderung der Tankinfrastruktur für E-Autos. Das ist sicher wichtig, aber ob es reicht und den von der Kommission versprochenen Kickoff bei der E-Mobilität bringen wird, darf bezweifelt werden.
Das deutsche Bundesamt für Umwelt zumindest sagt: Sollte das EU-Parlament den vorliegenden Vorschlag nicht noch verschärfen und verbindliche Quoten für Elektroautos festschreiben, müsste Deutschland individuell verbindliche Quoten für Elektroautos einführen. Ansonsten schaffe der Verkehrssektor in Deutschland die Klimaziele nicht.
Was man wissen muss: Drei Fragen an SRF-Wirtschaftsredaktor Matthias Heim.
Weshalb plant die EU neue Vorgaben? Die bisherige Bestimmung über den CO2-Ausstoss von Personenwagen läuft im Jahr 2021 aus. Zu diesem Zeitpunkt darf ein neu zugelassenes Auto im Durchschnitt noch 95 g CO2 pro Kilometer ausstossen. Damit die Autoindustrie Investitionssicherheit hat, plant die EU-Kommission nun neue Vorgaben für den Zeitraum 2022 bis 2030.
Wie hoch ist der CO2-Verbrauch der Autos heute? 2016 lag der durchschnittliche CO2-Ausstoss eines neuen Personenwagens in der Schweiz bei 134 Gramm pro Kilometer. In der EU waren es im selben Jahr 118 Gramm CO2 pro Kilometer. Der Unterschied erklärt sich vor allem durch den Umstand, dass in der Schweiz mehr PS-starke und schwere Autos gefahren werden. Damit ist auch der CO2- Ausstoss entsprechend höher.
Wird die Schweiz die neuen CO2-Vorgaben der EU für Neuwagen übernehmen? Im Grundsatz wird die Schweiz diese Vorgaben, wie Christoph Schreyer , Leiter der Sektion Mobilität beim Bundesamt für Energie BFE, sagt. Sofern der Vorschlag der EU-Kommission auch vom EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten angenommen wird, werden die Vorgaben über den üblichen, politischen Weg auch in der Schweiz implementiert.