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Chinas Bevölkerung leidet unter der Null-Covid-Politik
Aus Echo der Zeit vom 18.11.2022. Bild: Reuters/James Pomfret
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Covid-Proteste in China Leidensdruck durch Null-Covid-Politik wird immer grösser

Während die Welt heute mit Covid lebt, will China das Virus weiter auslöschen. Die eingesperrten Menschen verzweifeln.

«Ich möchte am liebsten vom Dach springen», sagt ein aufgebrachter Ladenbesitzer am Telefon. Sein Laden liegt im Quartier, wo es zu den jüngsten Ausschreitungen kam. Seit fast einem Monat ist sein Laden wegen des Lockdowns geschlossen. Das heisst null Einkommen.

Der totale Einkommensausfall sei die kleinere Sorge, sagt er: «Aber meine Angestellten sind in ihrer Unterkunft in der Nähe des Ladens eingesperrt, haben nichts mehr zu essen und zu trinken und können nicht raus.»

Mit dem Hunger mehren sich die Proteste

Essen ist für alle, mit denen Radio SRF gesprochen hat, ein Problem. Doch die meisten wagen nicht, öffentlich darüber reden. Und wenn, dann nur – wie der Ladenbesitzer – anonym. Öffentliche Kritik an den Null-Covid-Massnahmen wäre quasi eine Beleidigung des Präsidenten, zeichnet doch Präsident Xi Jinping persönlich verantwortlich für die Corona-Politik.

Umso bemerkenswerter sind deshalb die Bilder der Protestierenden in Guangzhou. Aufgebrachte Menschenmengen, die im betroffenen Stadtteil durch die Strassen ziehen und Barrikaden niederreissen. Auf den Bildern ist gar ein umgekipptes Polizeiauto zu sehen. Heftige Reaktionen einer hungernden Bevölkerung.

Wunsch nach einem normalen Leben

Sie habe die Proteste aus der Ferne gesehen, sagt eine Frau, die während des Telefongesprächs gerade aus dem Haus darf, um für einen Covid-Test anzustehen. Sie habe Angst bekommen. Auch die Kleinunternehmerin hat zeitweise Probleme, an Nahrungsmittel zu kommen.

Hin und wieder darf sie raus, um Essenspakete für umgerechnet vier Franken einzukaufen. Wenn es nichts mehr hat, hungert auch sie. «Ich möchte, dass der Lockdown schnell aufgehoben wird, damit ich wieder ein normales Leben führen kann», sagt sie verzweifelt.

Corona in China
Legende: Öffentlicher Covid-Test am 15. November 2022 in Peking. Keystone/AP/Mark Schiefelbein

Peking hat zwar gerade angeordnet, dass die Pandemie-Massnahmen gezielter und nicht willkürlich eingesetzt werden sollen. Die Null-Covid-Politik, die im internationalen Vergleich für sehr wenig Infektionen sorgte, sie gilt weiterhin.

Zentral angeordnet, lokal umgesetzt

Angeordnet hat die Null-Covid-Politik die Zentralregierung, umgesetzt wird sie jedoch lokal. Von Stadtbehörden, Quartierverantwortlichen und Nachbarschaftskomitees. Diese haben Spielraum bei der Interpretation. So entsteht das Gefühl von Willkür und des Ausgeliefertseins.

Er läute bei der Gemeindebehörde Sturm, damit seine eingesperrten Angestellten endlich Essen erhielten, sagt der Ladenbesitzer in Guangzhou. Doch diese täten nichts, weil sie wohl selbst überfordert seien.

Rückhalt für Covid-Strategie schwer abschätzbar

Die enormen wirtschaftlichen Kosten und das menschliche Leid durch das Null-Covid-Regime führen zu grosser Frustration, die sich immer wieder in Protesten entlädt: Lhasa, Zhengzhou, Qinhuangdao und Wuhan. Und zuletzt nun besonders heftig in Guangzhou.

Daraus abzuleiten, wie gross oder klein die Unterstützung der Null-Covid-Politik in der breiten Bevölkerung noch ist, ist kaum möglich. Entsprechende Äusserungen in den sozialen Medien werden schnell zensuriert. Öffentliche Diskussionen sind nicht möglich. Die wiederkehrenden Proteste vermitteln jedoch den Eindruck, dass die einst breite Unterstützung für die Massnahmen bröckelt.

Echo der Zeit, 18.11.2022, 18 Uhr

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