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International Das Gefängnis, das die Brutstätte des IS war

In einem Gefangenenlager im Süden des Irak hielten die USA zwischen 2003 und 2009 bis zu 30'000 Menschen fest. Darunter die heutige IS-Führungsriege. Journalistin Birgit Svensson hat das einstige «Camp Bucca» besucht und berichtet über den ins Stocken geratenen Kampf gegen die Terroristen.

SRF News: Birgit Svensson, sie haben sich am persischen Golf auf die Suche nach dem Gefangenenlager gemacht, das die USA 2009 bei ihrem Rückzug dem Irak übergeben haben. Was steht davon noch?

Birgit Svensson

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Die deutsche Journalistin lebt seit 13 Jahren in Bagdad und berichtet von dort für die «Zeit», Deutschlandradio, die Deutsche Welle und SRF.

Birgit Svensson: Alles steht noch. Entgegen anderslautender Berichte, die Amerikaner hätten das Camp in der Wüste bei ihrem Abzug dem Erdboden gleich gemacht, sind sowohl die Baracken, als auch die Häuser der US-Administration noch da.

Was wurde aus den 30'000 Gefangenen, als die USA Camp Bucca Ende 2009 auflösten?

Als die Abzugspläne der US-Truppen aus dem Irak konkret wurden, wurden alle Gefängnisse aufgelöst, auch Abbu Ghraib und andere. Aus Bucca wurden ab September 2009 jede Woche etwa 200 Häftlinge nach Bagdad überstellt. Dort konnte die irakische Regierung entscheiden, ob sie die Gefangenen übernehmen wollte. Das führte dazu, dass lediglich 250 Gefangene der irakischen Justiz überstellt wurden. Alle anderen wurden freigelassen, darunter auch der heutige IS-Chef Abu Kakr al-Baghdadi.

Camp Bucca gilt als «Brutstätte des IS», was wissen Sie darüber?

Alle heutigen irakischen Kader des IS sassen dort ein und wurden nach dem Abzug der USA freigelassen. Dass diese Leute bereits während ihrer Haft Pläne für ihr mittlerweile ausgerufenes Kalifat schmiedeten, hat mir auch ein irakischer Rotkreuz-Mitarbeiter bestätigt, der in Bucca Familien von Insassen betreute. Es wurden Scharia-Gesetze studiert, alles wurde dort vorbereitet.

Audio
Camp Bucca - Brutstätte des IS
aus Echo der Zeit vom 17.04.2016.
abspielen. Laufzeit 7 Minuten 38 Sekunden.

Heute befindet sich der Irak im Krieg gegen die IS-Terroristen. Schon länger versuchen Regierungstruppen Mossul zurückzuerobern. Wie verlaufen diese Offensiven?

Vor rund zwei Monaten wurde mit Rekrutierungen und dem Zusammenzug aller Kräfte begonnen. Vor vier Wochen begann die Armee dann mit einer Offensive in Machmur, rund 60 Kilometer südlich von Mossul. Diese ist mittlerweile jedoch genauso ins Stocken geraten wie jene in Anbar. Die Regierungstruppen kommen im Moment einfach nicht weiter.

Auch die politische Entwicklung des Landes scheint ins Stocken geraten zu sein. Es wird von Tumulten und Sitzstreiks im Parlament berichtet. Was ist die Ursache dafür?

Es gibt eine handfeste Regierungskrise, Premierminister Abadi steht auf der Kippe. Aufgrund des niedrigen Ölpreises steckt der Irak aktuell in einer Finanzkrise. Abadi kürzte deshalb in einem ersten Reformschritt die Gehälter der Staatsbediensteten, jedoch nur die mittleren und nicht die oberen. Das führte in der Bevölkerung zu sehr viel Unmut. Beim zweiten Schritt im Reformprozess, der den Kampf gegen die Korruption und die Bildung eines Technokratenkabinetts vorsah, hat die Hälfte des Parlamentes dann nicht mitgemacht.

Worauf läuft diese Krise jetzt hinaus?

Der Parlamentspräsident ist bereits gestürzt und auch die gesamte Regierung wackelt im Moment. Im Parlament gibt es hitzige Diskussionen darüber, ob man dem Weg einer Technokratenregierung folgen oder den von den Amerikanern eingeführten ethnischen und religiösen Proporz in der Ministerriege beibehalten soll. Das ist im Moment die Kardinalfrage.

Das Interview führte Simone Fatzer.

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