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International Das gelobte Land liegt im Westen

Vor 15 Jahren waren es noch gegen 3 Millionen – heute sind fast alle Christen aus dem irakischen Kernland vertrieben. Tausende Leben zur Zeit in Kurdistan – noch.

Ob es in einigen Jahren noch Christen im Irak gebe? Thomas Mikris, Bischof der christlich-chaldäischen Diozöse von Kirkuk, Iraks Ölhauptstadt, weiss es nicht. Was er weiss: Seit dem Beginn des Bürgerkriegs im Irak – der Folge der Entfernung von Saddam Hussein als Diktator – fliehen die Christen zu Hunderttausenden aus dem Irak. Einem Land, in welchem das Christentum seit fast 2000 Jahren zu Hause ist. «George W. Bush hat mit seinem Irak-Krieg die Büchse der Pandora geöffnet», erzählt Bischof Mikris im Rundschau-Interview. Der IS sei «nur der Gipfel des Horrors nach zwölf Jahren Bürgerkrieg.»

«Die Leute sind in sich gekehrt»

Und auch, wenn der IS einmal besiegt sein sollte: Die Chance ist nicht gross, dass die Christen in die Gebiete zurückkehren, aus denen sie vom IS vertrieben worden sind.« Der Feind ist nicht nur der IS und der extreme Salafismus, sondern der Zustand der ganzen Gesellschaft in unserer Region: Die stille Mehrheit ist nach hunderten von Jahren religiöser Bevormundung, und dutzenden von Jahren politischer Diktatur schlichtweg paralysiert – die Leute sind eingeschüchtert, misstrauisch und in sich gekehrt», sagt Mikris.

Und tatsächlich: Selbst die Christen, die aus dem irakischen Kernland in die Region Irak-Kurdistan flohen und damit nicht mehr an Leib und Leben bedroht sind, sehen ihre Zukunft mehrheitlich ausserhalb des Irak: Das gelobte Land liegt im Westen. In den USA, Australien oder Europa versprechen sich die christlichen Grossfamilien eine Zukunft auch für Ihre Kinder. «Hier bin ich Lehrer», erklärt Moayad Salim-Toma, der mit seiner Familie in die kurdischen Grossstadt Sulaimani floh. «In Europa bin ich auch bereit, im Supermarkt zu arbeiten. Aber hier haben meine Kinder wohl keine Zukunft mehr; wir glauben nicht mehr an den Irak, die Politik wird hier nie Sicherheit und Ruhe garantieren können.»

«Wir brauchen einen Mandela»

Salim lebt mit seiner Frau und drei Kindern in einem Container-Flüchtlingsdorf mitten in der Stadt, unter der Schirmherrschaft eines christlichen Klosters. Hier herrscht zwar weitgehend Religionsfrieden, aber die Flüchtlinge, namentlich die Christlichen, haben hier keine Beziehungen, sind nicht in die Strukturen eingebunden.

Bischof Mirkis sieht das gleiche Grundproblem: Die Politiker im Irak hätten komplett versagt und eine Besserung sei fast nicht vorstellbar. «Wir brauchen einen Mandela, einen Ghandi, einen Martin Luther King. Jemanden, der unserem Land den Geist der Zukunft einhaucht. Der sagen kann: Lasst die Vergangenheit sein, sie ist vorbei. Denn wenn wir weiter auf die Vergangenheit schauen, werden wir alle bald verschwinden.»

Hilfsprojekte im Irak

Der Bischof von Kirkuk, Thomas Mikris, hat ein eigenes Hilfsprojekt ins Leben gerufen: Er hat für 400 aus dem IS-Gebiet geflohenen Studenten aller Religionen Wohnungen und Häuser in Kirkuk angemietet. So können sie an der dortigen Universität weiterstudieren. «Das ist unsere Zukunft», sagt der Bischof: «Die Leute müssen sich bilden können.»

http://www.oeuvre-orient.fr/site-web/nous-aider/faire-un-don/formulaire-de-don/

Viele weitere Hilfswerke sind in Irak-Kurdistan vor Ort. Während Caritas religionsunabhängig hilft, konzentrieren sich «Kirchen in Not» oder Capni auf christliche Flüchtlinge.
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