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Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit in den USA
Aus Rendez-vous vom 25.08.2017. Bild: Keystone
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Meinungsfreiheit in den USA Das wird man ja wohl noch sagen dürfen

Der Nazi-Aufmarsch von Charlottesville befeuert eine alte Frage: Gilt Redefreiheit auch für die Feinde der Freiheit?

Nicht erst seit den Vorfällen von Charlottesville findet in den USA eine heftige Debatte darüber statt, was «Free Speech», die freie Meinungsäusserung für das Land und die amerikanische Gesellschaft bedeutet. Fällt ein Aufmarsch von Neo-Nazis und dem Ku-Klux-Klan, rassistische und antisemitische Rufe unter das Grundrecht der Meinungsfreiheit, das in der US Verfassung verankert ist?

Ja, sagt eine der ältesten Bürgerrechtsbewegungen in den USA, die American Civil Liberties Union. Die ACLU ist vor allem als politisch eher linke Organisation bekannt. ACLU-Anwalt Lee Rowland sieht allerdings in der Meinungsfreiheit keinen Spielraum für politische Auseinandersetzungen:

Eine der bekanntesten und kontroversesten in der ACLU Geschichte war, als wir den Aufmarsch von selbsternannten Nazis durch die Strassen von Skokie verteidigten, einer Stadt, in der viele Holocaust Überlebende wohnten.
Autor: Lee RowlandACLU-Anwalt

Das Besondere an dem ersten Grundrecht sei, dass es die Bürger schütze, egal welchen Standpunkt, welche Überzeugung sie hätten.

Grosskonzerne markieren Grenzen des Sagbaren

Zahlreiche Firmen wie Google, PayPal und GoDaddy erschweren rassistischen und rechtsextremen Gruppen in den USA schon seit längerem, ihre Geschäfte online zu tätigen. Man wolle hasserfüllte Inhalte nicht unterstützen, heisst es aus dem Silicon Valley. Nach den gewaltsamen Protesten in Charlottesville wurde die Haltung der «Free Speech»-Verfechter erneut hinterfragt.

Die New York Times und auch der Gouverneur von Virginia, Terry McAuliffe, kritisierten die ACLU, wie hier in einem Interview mit dem Radionetzwerk NPR: «Wir, die Stadt Charlottesville, hatten versucht, die Demonstration aus der Innenstadt in einen Park eineinhalb Meilen entfernt zu verlegen, ein offenes Feld. Dort hätte die Demo sein sollen. Wir wurden leider von ACLU verklagt und ein Richter gab ihnen Recht.»

Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Autor: Rosa Luxemburg

«Free Speech» wird in den USA von allen Seiten und für alle verteidigt. Was in europäischen Ländern undenkbar erscheint, ist Alltag in den USA. Man muss nur auf amazon.com schauen, um zu verstehen, was die freie Meinungsäusserung in den Vereinigten Staaten bedeutet.

Im grössten Internetkaufhaus der Welt findet man die berüchtigtsten Kinderbücher aus dem Dritten Reich, die im Nürnberger Stürmer Verlag veröffentlichten Hassschriften «Der Giftpilz» und «Trau keinem Fuchs auf grüner Heid’, und keinem Jud’ bei seinem Eid».

Daneben Hakenkreuzfahnen, diverse andere Nazi Propagandamaterialien und nationalsozialistische Lieder wie das «Horst Wessel Lied». Es ist ganz legal so etwas in den USA zu vertreiben und zu erwerben. All das fällt unter die freie Meinungsäusserung.

Die Grenzen der Freiheit

«Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden», meinte schon vor 100 Jahren Rosa Luxemburg. Über diese, in der Theorie durchaus nachvollziehbare Forderung, wird derzeit in den USA heftigst diskutiert. Denn die Frage ist: Hat die Meinungsfreiheit Grenzen und wenn ja, wann sind diese erreicht?

Beispiele dafür gibt es schon jetzt, bei denen die in der amerikanischen Verfassung verankerte «Free Speech» beschränkt wurde. Niemand darf in einem vollen Theater «Feuer» rufen und damit eine Massenpanik auslösen.

Auch darf man nicht zur direkten Gewalt aufrufen, etwa fordern, der Präsident sollte erschossen werden. Das bedeutet, der Aufruf zur direkten Gewalt ist nicht immer von diesem absoluten und scheinbar unumstösslichen Grundrecht in den USA gedeckt.

Arndt Peltner

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Arndt Peltner
Legende: zvg

Der freischaffende USA-Korrespondent ist für mehrere deutschsprachige Zeitungen und Radiostationen tätig, unter anderem auch für SRF. Der gebürtige Nürnberger lebt in der Nähe von San Francisco.

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69 Kommentare

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  • Kommentar von Hans Bernoulli  (H.Bernoulli)
    "...während sich diese Menschen...unbewusst über die Vielzahl an diabolischen und anti-amerikanischen Aktionen unserer Regierung, die diese im In- und Ausland in deren Namen verübt, sind.... als ob diese Leute sich groß darum scherten, dass ihre Regierung in gänzlich diametraler Weise zu unserer Landesverfassung agiert...Diese Menschen mögen nicht so oberflächlich wie ein erklärter Nazi sein, doch sie sind trotz allem weit gefährlicher" für US-Bürger wie Bürger im Ausland.
  • Kommentar von Wolfgang Bortsch  (a2b3c4d5)
    "Ich verabscheue das , was Du sagst , aber ich würde mein Leben dafür geben , daß Du die Freiheit behältst es zu sagen " . Kommt Ihnen dieser philosophische Gedanke nicht bekannt vor ?
    1. Antwort von Christa Wüstner  (Saleve2)
      ein philosophischer Gedanke, der auch einen Widerspruch in sich trägt. Auch Wenn es Voltaire zu seiner Zeit gesagt hat.Oft werden Aphorismen auch aus dem Zusammenhang gerissen und werden dann als Sprichwörter bei anderen Geschehnissen eingesetzt. Dieser Satz stammt aus er Zeit der Aufklärung und auch zur freien Meinungsbildung. Aber ist er heute bei allem noch einsetzbar.?
  • Kommentar von Christa Wüstner  (Saleve2)
    Redefreiheit und Meinungsfreiheit für alle ja aber.....wenn Redefreiheit dazu genutzt wird, Ideologien zu vertreten die einer Volksverhetzung gleich kommt, dann nein. Mit so einem Verbot zum Schutze des Staates müsste aber auch ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden. Eine so schwierige Frage, die kaum Allgemein zu beantworten ist. Ein totalitärer Staat kann dann auch jede Redefreiheit verbieten. Deshalb die Worte von R. Luxemburg: die Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden.
    1. Antwort von Christa Wüstner  (Saleve2)
      Bin ich nicht einverstanden. Wenn Andersdenkende Ihre Meinung dazu benutzen einen Staat zu schädigen, dann wird Redefreiheit dazu benutzt Seine Ideologien zu vertreten. Wie das auch bei den Nazis war.
    2. Antwort von Karl Kirchhoff  (Charly)
      Hier gibt es ja auch Minderheiten, welche die jetzige Regierung, obwohl demokratisch gewählt, am liebsten abschaffen wollen und der Mehrheit eine andere aufzwingen würde. Eigentlich sind es immer Minderheiten, welche unzufrieden sind. Mal Atomkraftgegner, mal Umweltschützer, mal Flüchtlingsgegner usw.. Ein jeder ist wohl auch irgendwo, Teil einer Minderheit. Die Gedanken sind frei aber die Redefreiheit gehört dort begrenzt, wo sie in Hetze umschlägt. Meine Meinung.
    3. Antwort von Christa Wüstner  (Saleve2)
      Völlig richtig. Ich hatte mich nur beschwert weil ich mit O Punkten aufgeschaltet war. Dann soll man so einen Kommentar gar nich aufschalten.
    4. Antwort von Hans Bernoulli  (H.Bernoulli)
      Man denke an die Hetze gegen Putin und Russland, welche von denjenigen angefeuert wurde, die nun anderen Hetze vorwerfen. Hetzerisch sind auch Sätze, wie "wer nicht mit uns ist, ist gegen uns." Dies als Beispiel, dass auch eine Regierung Hetze betreiben kann. Dies insbesondere gegen den momentanen Wunschfeind und alle, welche die da nicht mitmachen.
    5. Antwort von Christa Wüstner  (Saleve2)
      Der Meinung bin ich auch Herr Kirchhoff. Hetzreden finden immer Anhänger,die sich selbst nicht äussern wollen.